Jan Stocklassa – Stieg Larssons Erbe

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Jan Stocklassa – Stieg Larssons Erbe

Der 28. Februar 1986 ändert vieles im schwedischen Bewusstsein: auf offener Straße wird Premierminister Olof Palme erschossen und er erliegt am Tatort den Verletzungen. Auch dreißig Jahre nach der Tat sind weder der Täter dingfest gemacht noch die genauen Geschehnisse des Tatabends geklärt. Der Journalist Jan Stocklassa stößt bei seinen Nachforschungen für ein Buch über Tatorte auf die Aufzeichnungen von Stieg Larsson, heute aufgrund der Millennium-Trilogie als Thriller-Autor weltweit bekannt, in den 80er Jahren jedoch in Schweden geschätzter Journalist und Illustrator, der sein Leben lang gegen den Rechtsextremismus anschrieb. Auch Larsson hat bis zu seinem Tod 2004 akribisch geforscht, um den Mordfall Olof Palme aufzuklären. Stocklassa nimmt die Spurensuche wieder auf und vervollständigt Larssons Vorarbeit. Am Ende bleibt die Frage offen, was die schwedische Polizei aus dem Material machen wird.

„Stieg Larssons Erbe“ ist eine detailreiche Dokumentation nicht nur der unmittelbaren Ereignisse vom 28.2.1986, sondern es beschreibt auch wichtige politische Zusammenhänge und Ereignisse, die wesentlich für die Tat sein könnten, und ebenso die geradezu erschrecken komplizierte und von Streitigkeiten geprägte Struktur des Polizei- und Juristereiapparats. Obwohl das Buch einen weitgehend dokumentarischen und beschreibenden Charakter hat, Stocklassa legt auch seine und Larssons Arbeitsweise ausführlich dar, um ihre Gedankengänge und Vorgehen nachvollziehbar zu machen, liest sich das Buch dennoch unheimlich gut und wirkt an keiner Stelle ermüdend oder gar dröge.

Sicherlich hat es einen guten, von Marketing-Gesichtspunkten geprägten Sinn, dass der Name Stieg Larssons im Titel erscheint. Für mein Empfinden verschiebt das leider etwas den Fokus und lenkt potenzielle Leser in eine falsche Richtung. Dies ist besonders schade, da es einen ausgesprochen hohen informativen Wert hat, unterhaltsam zu lesen ist und auch ohne den bekannten Namen wirken kann. „True Crime“ – ja, natürlich, aber faktisch ist es eine Aufarbeitung des Falls Olof Palme, der unheimlich komplex und dadurch enorm interessant ist. Für mich eine sehr lohnende Lektüre, da mir der Fall nur rudimentär bekannt war und ich die Hintergründe und Zusammenhänge nicht wirklich kannte. Sowohl das Vorgehen des Autors bei der Recherche war dabei für mich aufschlussreich zu lesen, aber auch die Situation des Extremismus und Terrorismus in Schweden, was mir bis dato gänzlich unbekannt war.

Fazit: ein Buch, das vor allem durch den Einblick in qualitativ hochwertige journalistische Arbeit überzeugt und für ein Sachbuch in einem hohen Maße ansprechend verfasst wurde.

Fiona Barton – The Suspect

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Fiona Barton – The Suspect

It was supposed to be the best time of their life: Alex and Rosie fly to Thailand after their A-levels to travel and party. But then, things go completely wrong and now the two girls are dead. What happened in the burnt-down-guesthouse? And where is that English boy who might have seen them last and is obviously closely linked to the fire? The parents fly to Bangkok and reporter Kate Waters comes with them to cover the story. But what they find out isn’t what they had expected: Kate’s son Jake is the wanted English boy who is now on the run and prime suspect in the murder of Alex and Rosie.

Again, Fiona Barton could well entertain me with a plot with many twists and turns and a story full of suspense. The narrative does not follow chronology and is told from alternating perspectives which I found great since it provides a lot more depth for the characters on the one hand and keeps suspense high on the other. In the end, the case is solved without leaving any questions open.

What I liked most were actually the very different characters who seemed all quite authentic to me: first of all the two young women who could hardly be more different. Quiet Alex who wants to see the country and learn about the culture and Rosie just expecting to have a good time partying. That this combination wouldn’t work out too long is pretty obvious. The girls behave like typical teenagers do on their first trip alone far away from the parents, they are careless and easily fall prey to all kind of wrong-doers. Also their mothers are portrayed in convincing ways, especially Jenny who is very bitter after her husband left her alone with the daughter.

Most interesting of course is Kate whose role changes massively throughout the story: from the nosy reporter she herself becomes the target of the press and has to endure what is written about her boy without being able of doing anything against it.

Altogether, a perfectly pitched thriller that keeps you reading on and on and on to find out the truth about what happened in Thailand.

Karin Boye – Kallocain

Kallocain von Karin Boye
Karin Boye – Kallocain

Der Chemiker Leo Kall blickt zurück auf die Zeit vor seiner Verhaftung und will nun endlich nach unzähligen Jahren berichten, was damals geschah. In der Chemiestadt Nr. 4 arbeitete er in einem Labor und es gelang ihm ein sagenhaftes Medikament zu erfinden, das seinen Namen tragen sollte: Kallocain. Die Wahrheitsdroge führte dazu, dass die Versuchspersonen ihre Geheimnisse preisgaben und dem totalitären Staat ihre intimsten Gedanken verrieten. Schnell wird man auf ihn aufmerksam und lädt in gemeinsam mit seinem Vorgesetzten in die Hauptstadt ein, um der Staatsführung sein Experiment vorzuführen. Doch all der Erfolg kann Leo Kall nicht vor seinen Ängsten und Unsicherheiten schützen. Sein ganzes Leben lang wird er von Alpträumen geplagt und die für ihn nach all den Ehejahren immer noch offene Frage, ob ihn seine Frau Linda überhaupt jemals geliebt hat, lässt ihn eine Entscheidung mit schwerwiegenden Folgen treffen.

Karin Boyes Roman aus dem Jahre 1940 gilt als eines der wichtigsten schwedischen Romane des 20. Jahrhunderts. Ihr letztes Werk, bevor sie sich das Leben nahm, blickt in eine düstere Zukunft und ist stark beeinflusst von den Zeichen der Zeit. Die deutschen Vorfahren der Autorin haben sie immer wieder gen Süden blicken und beobachten lassen, was sich dort in den 1930er Jahren abspielte und wohin sich die Welt bewegte.

Leo Kall lebt im sogenannten Weltstaat, der mit seiner Überwachung und starren Struktur sowohl an die Ideen Hitlers anknüpfte wie auch an die stalinistische Sowjetunion erinnert. Ersteres kommt vor allem auch in der nur am Rande angerissenen Rassentheorie zum Ausdruck, der zufolge die Menschen im Weltstaat sich genetisch stark von jenen im verfeindeten Universaalstaat unterscheiden. Das Leben wird von Geburt an vom Staat bestimmt und gelenkt und spielt sich weitgehen unter der Erde ab, es bedarf einer Sondergenehmigung, um an die Oberfläche zu kommen. Die Gesellschaft ist stark kommunistisch ohne große Hierarchien geprägt, gleichzeitig durchdringt sie aber auch eine militärische Struktur, die sich beispielsweise in der Anrede als „Mitsoldat“ niederschlägt.

Interessant ist einerseits natürlich Kalls Erfindung namens „Kallocain“, die Wahrheitsdroge, die staatsfeindliche Gedanken aufdeckt und somit eine schnelle Reaktion auf konterrevolutionäre Strömungen erlaubt. Viel spannender fand ich jedoch den Charakter Kalls selbst, der fortwährend von Unsicherheit und Zweifel geplagt wird, der gefallen will und doch beinahe durchgängig starken Ängsten ausgeliefert ist. Letztlich ist das Gefängnis für ihn ein Ort der Befreiung, denn er ist die ihn beängstigende Freiheit im Staat losgeworden und die engen Mauern bieten ihm den Schutz vor sich selbst und seinen Gedanken, den er zuvor schmerzlich vermisst hat.

Boyes Roman steht in einer Reihe mit Dystopien wie „Schöne neue Welt“ oder „1984“, die in dieselbe Entstehungszeit fallen. Gerade weil Roman und Autorin einen starken Bezug zu Deutschland haben, ist mir unverständlich, weshalb er nicht weitaus bekannter bei uns ist. Vielleicht mag die Neuübersetzung daran etwas zu ändern, in der aktuellen Zeit kann es gar nicht genug erfolgreiche Literatur, die die Folgen extremer politischer Entwicklungen aufzeigt, geben.

Ein herzlicher Dank geht an das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar. Mehr Informationen zu Buch und Autorin finden sich auf der Seite de Verlagsgruppe Random House. 

Anstey Harris – The Truths and Triumphs of Grace Atherton

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Anstey Harris – The Truths and Triumphs of Grace Atherton

Grace Atherton’s life is in full tune: in London, she is running a violin shop and in Paris she meets her partner David. She had wanted to become a professional musician but due to lack of talent, she had to leave college and has to be content now with making the string instruments and playing them without any audience. When David rescues a young woman in the Paris metro, their whole life is turned upside down. Even though David’s wife knows about their affair, it has always been a delicate topic with their kids and David’s profession also requires discretion, but now the whole of France is searching for the hero of the underground and his obvious company. Yet, this is only the start of a series of events that will shake Grace’s life deeply.

“The Truths and Triumphs of Grace Atherton” is a novel hard to describe in only a couple of words. It’s a love story, a story of a break-up, about the love of music and about family and especially parents’ role in the life of their children, it’s about friendship and quarrels and first and foremost about forgiving and going on in life. What I really adored is how the author manages to convey the love of music into words, the compassion for the elegant and fragile instruments can be felt throughout the novel.

All characters in the book are very well thought out, they have strengths and weaknesses which make them authentic and lovable, but most of all they are compassionate and kind-hearted and have their hearts in the right place. Even though not all that happens gives them (or you as a reader) pleasure, I’d call it a feel-good novel nevertheless and perfect for those autumns days where you long for something cosy and comfy.

Horst Eckert – Schwarzlicht

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Horst Eckert – Schwarzlicht

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Walter Castorp wird nur wenige Tage vor der wichtigen Landtagswahl tot im Swimmingpool seines Hauses aufgefunden. Vincent Veih erhält so seinen ersten Fall als neuer Leiter des KK11, was keine dankbare Aufgabe ist: nicht nur der Medienrummel ist erwartungsgemäß enorm, sondern auch der politische Druck, der auf dem Polizisten lastet. Eigentlich bräuchte er alle Energie für den Fall und seinen neuen Job, aber sein Privatleben fordert ebenfalls Tribut: seine Freundin Nina ist aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und seine Mutter, eine Ex-RAF Terroristin, plant eine große Ausstellung und wird gleichzeitig vom Verfassungsschutz wegen neuer Vorwürfe observiert, was ihr gar nicht gefällt und was ihr Sohn richten soll. Unter diesen Umständen dauert es erwartungsgemäß nicht lange, bis die Ermittlungen zu einem Ding der Unmöglichkeit werden.

„Schwarzlicht“ ist der erste Fall für den Düsseldorfer Kommissar mit kriminellen Vorfahren. Aus der Reihe sind inzwischen zwei weitere Bände erschienen: „Schattenboxer“ (2015) und „Wolfsspinne“ (2016). Das Setting und die Anlage der Figur Vincent Che Veih hat mich neugierig gemacht, denn beides verspricht solide Krimiunterhaltung, leider konnte der Roman nicht ganz meine Erwartungen erfüllen, da für mein Empfinden das Privatleben, vor allem die Frauengeschichten Veihs, sehr viel Raum einnehmen und seine Ermittlungsweise im besten Fall als unorthodox, genauer aber als illegal und damit überzeugend bezeichnet werden kann.

Was den Fall angeht, war er komplex angelegt, aber diese vermeintliche Komplexität hat sich letztlich als Versuch herausgestellt, alle möglichen Nebenszenarien mit einzubauen, was die Handlung den roten Faden verlieren lässt und eher zusammengestrickt als plausibel wirken lässt. Man kann sich vorstellen, dass ein ranghoher Politiker in dunkle Geschäfte verstrickt ist, aber gleichzeitig schwarze Kassen, enge Kontakte ins Prostitutionsmilieu, zu dubiosen Bauunternehmern, daneben noch Affären und eine lesbische Ehefrau und in Verwaltung und Polizei dicke Freunde, die alles mitvertuschen – vielleicht ein bisschen zu viel für einen einzigen Roman.

Der Protagonist ist mir zu viel Django und zu wenig Polizist. Auch seine Familiengeschichte, die sowohl RAF-Terroristen wie Nazi-Schergen bietet, ist vielleicht etwas zu überladen. Dass er ohne mit der Wimper zu zucken freimütig Insiderinformationen an die Presse weitergibt, nur um eine Journalistin zu beeindrucken und sie ins Bett zu zerren, macht ihn auch nicht sympathischer. Ein viel zu großes Ego lässt für ihn auch jede gute Zusammenarbeit mit Kollegen schwierig werden, was aber für den Superhelden nur am Rande ein Problem ist.

Die vermeintlich komplexe Handlung wird so zu einem nur begrenzt authentischen Mischmasch vielfältiger Themen, die als Konsequenz auch einige Längen aufweist und immer wieder den Fall aus den Augen verliert.

Patricia Highsmith – The Cry of the Owl

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Patricia Highsmith – The Cry of the Owl

Nach einer schrecklichen Scheidung von seiner Frau Nickie verlässt Robert Forester New York und zieht in das beschauliche Langley in Pennsylvania. Dort beobachtet er eines Abends die junge Jenny, die er fortan regelmäßig durch ihr Küchenfenster ausspioniert. Als Jenny merkt, dass jemand draußen ist, reagiert sie nicht verängstigt, sondern lädt Robert ein und bald entwickelt sich eine Freundschaft zwischen beiden. Für Jenny ist das Auftauchen Roberts jedoch noch weit mehr, sie sieht darin ein Zeichen und löst ihre Verlobung mit Greg Wyncoop, der seinerseits Rache schwört. Er schließt sich mit Nickie zusammen und beide wollen Robert bezahlen lassen. Geschickt bauen sie ihm eine Falle, doch ihr Plan geht nicht ganz auf.

 

„The Cry of the Owl“ (Der Schrei der Eule) wurde von Patricia Highsmith 1961 verfasst und der Titel spielt auf Jenny’s Aberglaube an, demzufolge die Eule ein Überbringer von schlechten Nachrichten ist, weshalb sie recht bald Robert sehr stark mit dem Tod assoziiert. Der Roman ist weit mehr ein Psychogramm seiner Figuren als das andere Werke von Highsmith sind, wir haben hier keinen geschickten Betrüger, der die ganze Welt narrt (wie in The Talented Mr Ripley oder The Two Faces of January), sondern ein komplexes Miteinander sehr verschiedener Charaktere. Heute gilt es als einer der weniger relevanten Romane Highsmiths, mir persönlich hat er vor allem wegen der düsteren und oft bedrohlichen Atmosphäre sehr gut gefallen.

 

Der Roman startet in gemäßigtem Tempo, kann aber schon von Beginn an durch das heimliche Beobachten Jenny mit starker Spannung punkten. Mit fortschreitender Handlung wird auch das Tempo immer höher und die Ereignisse folgen immer schneller aufeinander. Interessant sind alle Figuren auf ihre Weise, bei Robert stand für mich vor allem seine Verzweiflung ob der Bedrohung, die von der Polizei ignoriert wird, im Vordergrund. Wehrlos muss er mitansehen, wie sein Leben offen bedroht wird. Bei Jenny hingegen habe ich mich bisweilen gefragt, wie gesund ihr Geisteszustand tatsächlich ist, ihre Manie in allem unheilbringende Zeichen zu lesen war schon verstörend. Nicki und Greg treten zwar überwiegend als bösartige Racheengel in Erscheinung, haben aber auch ihren interessanten Seiten.

 

Der Stil kommt unverkennbar aus einer anderen Zeit, was aber dem Unterhaltungswert in keiner Weise einen Abbruch tut, ganz im Gegenteil.

Alan Parks – Bloody January

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Alan Parks – Bloody January

‚It can‘t have been that bad.‘ But it was.

January 1973 first brought a promotion to Detective Harry McCoy of Glasgow police, but then things wrecked havoc. When Howie Nairn, a prisoner in the Special Unit of Barlinnie wants to see him, he is a bit irritated. Why especially him? And what does he have to say? Nairn tells him to take care of a certain Lorna who works in a posh restaurant and is likely to be killed the next day. McCoy doesn’t really believe him but nevertheless sets out to search for her. In vain. He can only watch how the young woman is shot in central Glasgow by a man who then commits suicide. Quite a strange thing, but things are going to get a lot more complicated and soon McCoy has to realize that the laws aren’t made for everybody.

Alan Park‘s first novel of the McCoy series lives on the atmosphere of 1970s Glasgow. The city hasn’t turned into the town it is today but resembles a rather run down place where police and gangland work hand in hand – have to work hand in hand if they want to solve any case at all. McCoy is rather unconventional in his work, but he certainly has the heart in the right place and fights for justice.

There are two things I really liked about the story: on the one hand, it is quite complicated and all but foreseeable, on the other hand, Alan Parks‘s has chosen inconvenient aspects which he puts in a different light which shows the complexity of reality and that live is not only black and white but full of shades of grey. McCoy can work for the police but maintain good relationships with old friends who control the criminal world. The recognized upper class are not the good-doers but also have their dark sides. And many people struggle to make a living, wanting to be good but at times have to ignore their own values simply to survive.

A novel which is full of suspense, with a convincing protagonist and perfectly crafted atmosphere of a dark Glasgow.

Robert Harris – Fatherland

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Robert Harris – Fatherland

Berlin 1964. Nachdem Hitler den Krieg gewonnen hat, herrschen die Nationalsozialisten über weite Teile Europas. Im Osten gibt es zwar immer noch Auseinandersetzungen, ansonsten ist man zu einem Kalten Krieg zwischen den USA und Deutschland gekommen, der durch gegenseitige Aufrüstung und Bedrohung friedlich gehalten wird. Kurz vor Hitlers 75. Geburtstag wird der hochrangige Nazi Josef Bühler am Stadtrand von Berlin tot aufgefunden. Inspektor Xavier March ermittelt und merkt schnell, dass er einem politischen Skandal auf der Spur ist, denn Bühler war Teilnehmer einer Gruppe von Nazi-Größen, die an der Wannsee-Konferenz teilgenommen hatten und inzwischen fast alle tot sind. Mithilfe der amerikanischen Journalistin Charlie Maguire forscht er nach und begibt sich damit selbst in größte Gefahr.

Alternative Geschichtsschreibung gerade rund um die Nazi-Zeit ist ja seit einigen Jahren sehr angesagt und auch erfolgreich, man denke nur an Timur Vermes‘ „Er ist wieder da“ oder aktuell an Andreas Eschbachs „NSA“. Robert Harris hat seinen Roman allerdings schon 1992 veröffentlicht, also weit vor dieser Welle. Neben den bekannten Namen der Geschichte wie Hitler, Himmler, Göring oder Churchill greift er auch auf andere reale Figuren zurück, allen voran Josef Bühler und Martin Luther, die eine zentrale Rolle in „Fatherland“ spielen.

Die Handlung ist clever konstruiert und im typischen Harris-Stil geschrieben. Mehr als das fand ich aber hier besonders die Atmosphäre gelungen. Über allen Figuren liegt immer eine gewisse Angst, niemand kann sie je sicher sein, selbst diejenigen nicht, die im und für das System arbeiten. Glaubwürdig erscheint mir auch, dass die Menschen jenseits des unmittelbaren Führerkreises nur Fragmente der Wahrheit kennen und nicht überschauen können, welche Gräueltaten die Nazi-Schergen tatsächlich verbrechen. Rundum gelungen und gleichzeitig erschreckend realistisch.

Oyinkan Braithwaite – My Sister, the Serial Killer

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Oyinkan Braithwaite  – My Sister, the Serial Killer

Korede and her sister Ayoola live in Lagos together with their mother since their father dies. Korede, who works at a hospital as a nurse, is a decent, but rather plain young woman whereas Ayoola always has all the looks on her. Even though the sisters couldn’t hardly be more different, they are sister after all so when Ayoola calls her, it is without any question that Korede shows up with some bleach to wipe away the mess of another murder. They have done it before and will also succeed this time. Why does she have to kill all her boyfriends? Korede wonders but since none of the was really important to her, she remains secret and the sister she is supposed to be. But when Ayoola starts dating to one man Korede really likes, things become a bit more complicated.

Oyinkan Braithwaite’s debut novel is a hilarious read full of absurd situations and fantastic characters. The author, who graduated in Creative Writing and was a 2016 finalist for the Commonwealth Short Story Prize, surely knows how to create outstanding characters and how to combine humour with an actually very serious topic. What I appreciated most is how she, on the surface, wrote a funny story that, beneath, offers so much crucial and grave issues. What it all comes down to after all is the well-known fact that blood is thicker than water and that without any question, you know which side you have to be on.

Ayoola is a serial killer – absurd as it may sound, the title is absolutely clear about it and after the opening scene, you know all about her killings. Yet, this is one of the least interesting aspects, much more remarkable is the sisters’ relationship: jealousy, love, anger, hatred, support – the full spectrum of emotions. Of course, it is Korede that the reader commiserates, she is obviously the good girls that nobody notices, neither their parents nor the men. I wondered if Ayoola suffered from some kind of mental illness, she somehow does not really seem to realise what she does, but she definitely is rather egocentric and not very considerate when it comes to other people’s feelings.

“My sister, the Serial Killer” is a black comedy that should not be taken too seriously I guess. It is a great read that I utterly enjoyed. I am absolutely looking forward to reading more from the author.

Mick Herron – The Drop

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Mick Herron – The Drop

Solomon Dortmund knows his business; he’s been doing this for so many decades that nothing can surprise him anymore. But observing a classic drop in a café is something that rarely ever happens these days. He is sure about what he has seen and reports it back to Regent’s Park. There, this is not a total surprise since the woman involved is a double agent whom the Germans believe to be their mole with the British. But Hannah Weiss has her own agenda and she knows whom she is working for. When service analyst Lech Wicinski is doing a favour for an old acquaintance, he sets in motion a chain of events that will make himself one of the tragic victims.

Mick Herron’s The Slough House series has won several awards and was shortlisted for many more, among them the Ian Fleming Steel Dagger Award, the British Book Award and the Gold Dagger. “The Drop” – a rather short novella only slightly liked to the series – is the latest instalment of it. Yet, it is much more a classic spy novel than the rest of the series since it has in my humble view a much more traditional setting with double and triple agents and members of the service operating in the field.

There is not much to say about the plot, it is quite straight forwards without any side lines or too much detail about the characters. As a reader, you dispose of information from both sides, i.e. the English as well as the Germans, and thus can observe both services operating. It is common in those kinds of operations that innocent bystanders become necessary victims and thus, also in “The Drop” we see people fall without having made the slightest mistake. The novella mainly serves as a backstory for the latest member of the Slough House team and I liked the quick read a lot for its atmosphere of old-times spy novels.