Karine Lambert – Un arbre, un jour…

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Karine Lambert – Un arbre, un jour…

La chronique d’une mort annoncée : le 21 mars, le début de printemps, on abattra le platane sur la place centrale du village. Ordre par le maire. Il faut cela pour que les gens se rendent compte du platane, de son histoire, de son importance pour eux. Lui, à 103 ans, il a tout vu : deux guerres mondiales, il a regardé les gens grandir, il a subi des canicules et des hivers froids. Mais ils sont là pour lui : le jeune Clément, âgé de 10 ans seulement, Suzanne la patronne du café, les deux sœurs Bonnafay qui ont perdu leurs fiancés dans la guerre et qui ont passés toutes leurs vies ensemble, Fanny la jeune artiste, Raphaël Costes qui n’a plus besoin de son psy après avoir trouvé une chose pour laquelle il vaut bien lutter. Un comité se forme, on écrit même au Président de la République. Il faut sauver le platane – mais leur combat n’est pas trop promettant. C’est le maire qui décide et il ne voit pas pourquoi changer d’avis. Pour un arbre.

Encore une fois Karine Lambert a trouvé un sujet extraordinaire, un sujet tout à fait ordinaire duquel elle arrive à faire quelque chose de spécial et d’original. C’est un arbre, oui, il est vieux et majestueux, mais quand même, pas un être vivant. Elle lui donne une voix et elle dirige l’intérêt de ses personnages à lui.

J’ai surtout adoré les passages dans lesquels le platane parle. Ce qui est vraiment étonnant, c’est, d’un côté, on ne se rend pas du tout compte des arbres dans notre vie quotidienne. Ils sont là, ils nous donnent de l’ombre quand il fait chaud et on les admire parfois pour leur force et leur âge. Mais, contrairement aux animaux, on ne les croit pas vraiment « vivant ». Quand l’arbre parle dans le roman, c’est tout à fait normal, on veut bien croire qu’il a des sentiments, qu’il éprouve quelque chose quand on le touche et qu’il réfléchisse à ce qui peut bien se passer avec lui.

C’est de la vraie poésie que Karine Lambert nous offre ici. J’adore son ton narratif depuis le premier roman que j’ai lu d’elle. C’est gai et mélancolique en même temps, mais avant tout, elle traite ses personnages doucement, elle ne les exhibe jamais, elle les montre vulnérable et elle s’approche d’eux calmement et toujours avec du respect. Ils ne sont pas des super-héros, mais des gens comme toi et moi, avec des faiblesses et des défauts.

« Un arbre, un jour… » est un petit bijou parmi les masses des livres publiés chaque année.

Elif Şafak – The Bastard of Istanbul (Der Bastard von Istanbul)

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In Amerika aufgewachsen bleiben für Armanoush, genannt Amy, ihre armenischen Wurzeln immer etwas fremd. Über das Essen hinaus hat sie nur wenig Bezug zum Herkunftsland ihrer Eltern. Durch den zweiten Ehemann ihrer Mutter ergibt sich die Möglichkeit, bei Bekannten in Istanbul unterzukommen. Da ihre Eltern dieser Reise niemals zustimmen würden, fliegt sie heimlich nach Europa und quartiert sich bei der unbekannten Familie ein. In Asya findet sie schnell eine gleichaltrige Freundin. Der reine Frauenhaushalt folgt seinen eigenen Gesetzen und je besser sich die Mädchen kennenlernen, desto mehr Fragen um Familiengeheimnisse reißen sie auf. Als Amys Mutter erfährt, wo die Tochter ist, reist sie mit ihrem Mann unversehens in die Türkei, nicht ahnend, dass so eine böse Prophezeiung ausgelöst wird.

Die türkischstämmige Autorin Elif Şafak, die in verschiedenen Ländern gelebt hat und daher eine eher kosmopolitische Sicht pflegt, gilt als eine der wichtigsten weiblichen Stimmen der Türkei. Sie schreibt gleichermaßen in der Muttersprache wie auch in Englisch und viele ihrer Werke waren für die großen Literaturpreise nominiert. So auch „Der Bastard von Istanbul“, der 2008 auf der Longlist des Orange Prize for Fiction (heute: Bailey’s Women’s Prize for Fiction) stand. Dieser Roman brachte ihr jedoch auch eine Anzeige in der Türkei einbrachte, weil das Werk das Türkischsein beleidige.

Hintergrund der Anklage ist der nach wie vor von türkischer Seite aus geleugnete Genozid an den Armeniern 1915, dem große Teile von Amys Familie zum Opfer fielen. Ihre Gastgeber haben von dieser systematischen Verfolgung und Auslöschung offenbar noch nie etwas gehört, einige von Asyas Freund bezeichnen Amy im Buch daher auch als Lügnerin und beschimpfen sie übel – dies dürfte eine weitgehend realistische Sicht auf dieses Faktum sein.

Über diesen historischen Bezug hinaus, lebt der Roman jedoch von den ungewöhnlichen Familienstrukturen und Geheimnissen, die über Generationen weitergegeben werden und dennoch nie nach außen dringen. Die Figuren sind alle sehr authentisch und mit Charme gezeichnet, vor allem die ältliche Tante, die im Kaffeesatz liest und der ihre beiden Dschinns unentwegt ins Ohr flüstern.

Eine gelungene Mischung von modernen jungen Frauen, mythisch bis fantastischen Elementen und einer politisch brisanten Hintergrundthematik.

Rebecca Fleet – The House Swap

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Rebecca Fleet – The House Swap

After the hard time they have gone through in their relationship, Caroline and Francis need a vacation, best without their son Eddie. A house swap seems to be a good idea so they leave Leeds for a week in the suburbs of London. Somehow the house is strange, it looks like nobody actually lives in there, it is absolutely impersonal, almost clinical. But the woman seemed to be nice enough to let her into their own apartment. When Caroline receives a strange message on her cell phone, she is alarmed: did something awake the ghosts of the past? Did her ex affair Carl get in contact again? And who is this strange neighbour Amber who seems to observe them and behaves in a very strange way when she comes to visit them late in the evening. Caroline can sense the danger but she doesn’t know where it is really coming from…

The novel starts at quite some low pace and admittedly I was a bit annoyed because I couldn’t make sense of a lot of things at the beginning. It was obvious that Francis and Caroline had some problems in the past, she had an affair with a colleague, he was addicted to pills, but since this had happened obviously two years before, I didn’t quite understand the relevance of all this for the house swap. And there was this voice talking to Caroline, but it was not clear where it was coming from. I do not really like to be in the dark and not understanding anything.

However, the further you get in the novel and the more you understand, the more thrill you feel and the better the plot gets. Of course you are supposed to run in the completely wrong direction with the assumptions of what is behind all this – eagerly I did – just to learn then that it is not only much more complicated, very cleverly constructed, and also a lot more dangerous for the characters than you would have assumed.

“The House Swap” is a fantastic thriller as soon as you get over the first few pages. It can surprise and offers an especially interesting psychological aspect which is only revealed towards the end.

Éric Vuillard – Die Tagesordnung

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Éric Vuillard – Die Tagesordnung

Gut drei Wochen nach Hitlers Machtergreifung lädt er die Granden der deutschen Industrie und Wirtschaft nach Berlin ein. Am 20.2.1933 sitzen alle von Rang und Namen an einem Tisch: Krupp, Opel, Quandt – eine illustre Runde von 24 Reichen, die gerne bereit sind, die Vorhaben des Führers mit großzügigen Spenden zu unterstützen. So leicht wie Hitler und Göring das Geld und die Unterstützung der Industrie bekommen, läuft die Annexion Österreichs fünf Jahre später nicht ab. Aber auch hier zeigen sie taktisches Geschick und den notwendigen Druck, um den kleinen Nachbarn zu überrumpeln und zum Anschluss zu zwingen. Es läuft zwar vieles nicht so wie geplant, aber am Ende zählt das Ergebnis. Planmäßig wiederum gelingt die Täuschung Englands, die der ehemalige Botschafter in London, Joachim von Ribbentrop, dank seiner Menschenkenntnis clever umsetzt. Der Rest ist Geschichte und findet beim Nürnberger Prozess sein Ende.

Éric Vuillard erhielt für seine Erzählung über Hitlers Machtergreifung 2017 den renommierten französischen Literaturpreis Prix Goncourt. Er liefert keine neuen Erkenntnisse zu den historischen Ereignissen, diese sind weitgehend erforscht und bekannt, was das Buch jedoch lesenswert macht, ist die Selektion von Einzelereignissen, die Vuillard nebeneinanderstellt, um so eine neue Geschichte zu erzählen: die große Katastrophe des Zweiten Weltkrieges hatte sich lange zuvor angekündigt, man hätte eine Chance gehabt zu reagieren, aber die Welt hat nur zugeschaut.

Für mich weniger interessant sind die historischen Fakten, auch wenn hier Aspekte geschildert werden, die im Allgemeinen nicht zu den wesentlichen Eckdaten der Geschichte gehören. Spannend und reizvoll sind die menschlichen Züge, die Vuillard aufgreift. Wie geschmeichelt fühlen sich die Industriellen, persönlich vom Führer empfangen zu werden. Obwohl er sie warten lässt und sie bereits unruhig zu werden drohen, vergessen sie all dies ob der Hommage, die ihnen dieser Besuch bringt. Sind sie im Alltag Herren über tausende Beschäftigte, machen sie sich hier zum braven Untertan, der sogleich großzügig die Brieftasche zückt. Auch der verzweifelte Versuch Schuschniggs noch ein wenig an seiner Macht festzuhalten, ist bemerkenswert. Die Schmach und Blamage kann er nicht verhindern, aber vielleicht lässt sich doch noch ein wenig Schein wahren. Ganz groß wird Vuillard dann bei dem britischen Premierminister Lord Chamberlain, dessen gute Erziehung von Ribbentrop ausnutzt und den er in eine höchstpeinliche Situation bringt, in der der Lord dennoch die Contenance wahrt.

Auch wenn das Thema schon oft behandelt wurde und auch literarisch immer wieder in neu en Varianten erscheint, lohnt sich Vuillards Text aufgrund seines ganz eigenen Schwerpunkts. Mich haben andere Preisträger des Prix Goncourt schon mehr angesprochen, aber „L’ordre du jour/Die Tagesordnung“ ist durchaus ein Würdiger Sieger.

Gunnhild Øyehaug – Wait, Blink

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Gunnhild Øyehaug – Wait, Blink

It is a random and unexpected encounter that brings the student Sigrid and the author she has been admiring for years together. They are mutually attracted immediately and in a café try to get closer without revealing too much of them at first. Trine, however, is ready to reveal a lot as a performance artist who works with her body. But she is struggling with being a mother. Another couple is somehow trying to imitate a film scene which is originally set in Paris but transferred to Copenhagen by the director Linnea. It is just a short glance at their lives, but we see the decisive moment that has to potential to transform everything.

I was eager to read “Wait, Blink” since I usually like the Scandinavian way of telling stories. However, I couldn’t really get into the novel. I assume this is due to the fact that there is not one story, but several quite independent stories are told alternatingly and I was always waiting for the moment in which they connect and form a whole which I didn’t really find.

The scenes about Trine were hardest for me since this character is quite unique and I could hardly follow her thoughts and actions. I liked Linnea and her idea of reproducing “Before Sunrise” – “Before Sunset” in her own life. Sigrid is not really a sympathetic character, but I could link with her thoughts and her struggle to appear as a strong and independent woman while she is actually insecure and afraid of human beings.

Even though the content did not really convince me, I adored Gunnhild Øyehaug’s style of writing. She has found an exceptional tone for her narration and the way of the narrator to talk to you as the reader like he was a good friend and his slightly ironic undertone were great to read. Øyehaug shows what she is capable of and I am looking forward for another novel by her.

Heather Child – Everything about you

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Heather Child – Everything about you

21-year-old Freya is not very happy with her life as it is: she is still living together with her ex-boyfriend Julian, her job just serves to earn money but is not actually promising a career and she still misses Judy who first was a friend and then moved in with Freya and her mother and became something like a real sister. When Julian is not interested in the latest technological device from his father, Freya accepts to use the high-tech personal assistant. Since she is still longing for Ruby who went missing without any trace, the assistant is modelled according to the young woman’s features: it can copy her voice, react just like Judy reacted and knows everything about Freya and Ruby. Can this virtual version of her sister also lead to the one in flesh and bone?

Since technology becomes more and more present in our everyday life and since we rely increasingly on our smart phones to do the thinking for us, the idea of this futuristic personal assistant was quite intriguing. Especially since we tend to ignore the negative side effects of handing over more and more data to these uncontrollable technical devices.

However, the novel did not hold up to the high expectations. I liked Freya’s first steps with her new assistant; her incredulously questioning where this machine got all the information from and how she slowly loses control over her life were portrayed in a really authentic way that is easy to imagine in the very near future. Then, however, the more the plot progresses and the more the whole story becomes a kind of computer game in a virtual reality environment, it was a bit too much for me. I am all but into computer games and not at all interested in any virtual realities where completely different rules apply and the unthinkable is possible.  Thus, the moment we lost the track of reality I was more or less out. This might work better for those readers who are really into VR.

All in all, an interesting concept, yet a bit too unrealistic for my liking.

Vendela Vida – Des Tauchers leere Kleider

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Vendela Vida – Des Tauchers leere Kleider

Eine Frau flieht, nur weg aus Amerika. Casablanca erscheint ihr entfernt genug. Kaum im Hotel angekommen, wird ihr Rucksack mit Pass und Kreditkarten gestohlen. Das Personal macht einen engagierten Eindruck, auch die Überwachungskamera zeigt den Schuldigen. Die Polizei beruhigt sie, man wird den Täter schnell finden. Doch am nächsten Tag auf der Wache übergibt man ihr den falschen Rucksack inklusive dem Pass einer anderen Frau. Soll sie diesen annehmen und das Thema abhaken oder weiter ihren eigenen fordern? Sie greift zu und übernimmt die fremde Identität. In ihrem Hotel will sie nicht bleiben und zieht daher um. In ihrer neuen Unterkunft finden gerade Dreharbeiten mit einer berühmten Schauspielerin statt und nach dem Ausfall eines Lichtdoubles wird sie spontan engagiert. Mit einer neuen Identität eröffnet sich ein neues Leben. Aber so leicht lässt sich das alte nicht abstreifen.

Vendela Vidas Roman kann immer wieder überraschen. Nicht nur weil die Protagonistin völlig absurd und wenig nachvollziehbar agiert, sondern auch weil die Handlung immer wieder unerwartete Wendungen nimmt. Wenig an dem Roman entsprach dem, was ich von ihm erwartet hatte.

Im Zentrum steht die junge Frau, die offenbar Schreckliches erlebt hat, was sich aber erst sehr spät im Roman nach und nach offenbart, ihre Flucht aber letztlich sehr glaubhaft motiviert. Casablanca ist für sie kein reiflich überlegtes Ziel, überhaupt scheint der Ort, an den sie reist, nur am Rande relevant zu sein. So bleibt das Setting auch weitgehend beliebig und die Handlung könnte sich ziemlich überall abspielen, womit die Autorin leider eine Chance vergeben hat. Dass sie die fremde Identität annimmt und wie es dazu kommt, kann man entweder als völlig unglaubwürdig oder ausgesprochen klischeehaft einordnen – beides ist nicht besonders befriedigend.

Den größten Teil der Handlung nehmen die Begegnung mit der Schauspielerin und die Dreharbeiten ein. Zugegebenermaßen hat mich der Ablauf an einem Filmset herzlich wenig interessiert, dies wird aber detailliert ausgeführt. Die Schauspielerin selbst ist eine durchaus interessant angelegte Figur, bleibt aber oftmals zu skizzenhaft, um real zu wirken.

Auch das Ende lässt mich etwas unzufrieden zurück. Überstürzt flüchtet sie immer weiter und es ist nicht abzusehen, ob und wie sie sich ihrem Leben wieder stellen will. Mittlerweile gänzlich ohne Papiere und Habseligkeiten, irrt sie umher. Dies erscheint dann doch etwas arg überzogen.

Interessant am Roman war der Schreibstil. Die Autorin hat sich für eine ungewöhnliche Erzählperspektive entschieden, wie folgende Passage verdeutlicht:

Du schlägst den Pass auf und siehst, dass dir das Foto zwar ähnelt – die Frau hat glatte braune Haare und helle, weit auseinanderstehende Augen –, dass es aber nicht dein Pass ist. Er gehört, wie du siehst, einer Frau namens Sabine Alyse. Der Polizeichef legt dir ein rotes Portemonnaie hin.

Diese Du-Erzählung in der der Erzähler die Protagonistin adressiert ist gewöhnungsbedürftig und vermutlich nicht umsonst eher selten.

Das Gesamturteil fällt gemischt aus. Die guten Ansätze können die verschenkten Chancen nicht aufwiegen und die Erzählperspektive gestaltete das Lesen doch etwas holprig.

Lilian Loke – Auster und Klinge

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Lilian Loke – Auster und Klinge

Endlich wieder in Freiheit nachdem er wegen wiederholter Einbrüche im Gefängnis saß. Ein eigenes Restaurant ist der Traum von Victor, doch dafür benötigt er Geld und erst einmal muss er wieder auf die Füße kommen. Immerhin hat er bereits einen Job als Pizzafahrer. Bei einer Auslieferung in einem Bürokomplex lernt er zufällig Georg kennen, bei dem er auch vorläufig unterkommen kann. Georg ist Künstler – oder so etwas Ähnliches. An Geld scheint es ihm nicht zu mangeln, von den paar Stunden an der Volkshochschule kann er kaum leben. Es dauert bis Victor herausfindet, dass Georg Erbe eines großen Schlachtkonzerns ist, wo tagtäglich Tausende von Tieren getötet und weiterverarbeitet werden. Zu seiner Familie hat er nur selten Kontakt, zu sehr weichen seine Vorstellungen von jenen der Eltern und Geschwister ab. Georg finanziert Victors Traum vom eigenen Restaurant, doch dafür erwartet er auch eine Gegenleistung: Victor soll ihm beibringen, wie man in Häuser einsteigt. Nach dem Grund gefragt, antwortet er ausweichend, eine Art Kunstprojekt oder Installation. Bald schon wird die ganze Stadt davon wissen.

So wie die beiden Begriffe im Titel des Buchs – Auster und Klinge – schon nicht zusammen zu passen scheinen, so muten auch die beiden Protagonisten wie ein unmögliches Paar an: einerseits der wohlhabende und kunstaffine Georg, der es sich dank der finanziellen Rücklagen leisten kann, keinen Job wirklich machen zu müssen und sich um größere Dinge als die eigene Existenz Sorgen machen zu können. Auf der anderen Seite Victor, der als ehemaliger Häftling ganz am unteren Ende der Nahrungskette steht, dessen Frau ihn nicht mehr sehen möchte und der auf jeden Cent angewiesen ist, was eine gewisse Flexibilität bei der Jobwahl erzwingt.

So wie die Auster ein Luxusgut darstellt, das höchsten Genuss verspricht, ist die Klinge eher das zerstörerische Werkzeug oder eine Waffe. Der Titel erklärt sich durch das Buch nicht, weist aber durchaus durch seine surreale Verbindung der beiden Begriffe den Weg zur anarchistischen Kunst- und Weltauffassung Georgs, der die vorherrschenden Werte in Frage stellt.

Lilian Loke reißt gleich mehrere gesellschaftskritische Fragen in ihrem Roman an, obwohl dieser keineswegs so dramatisch ernsthaft daherkommt, wie es die Thematik nahelegen könnte. Ganz im Gegenteil, er ist voller Leben, bisweilen gar komisch und von einem überzeugend leichten Erzählton geprägt. Nichtsdestotrotz stellt sich die Frage, inwieweit unsere Gesellschaft bereit ist, Straftäter wieder in ihrer Mitte aufzunehmen, ihnen eine Chance zu geben und die Fähigkeiten über die Straftat hinaus sehen zu wollen. Zum anderen die Massentierhaltung und die Ausbeutung asiatischer Arbeiter, die für kaum einen Dollar am Tag unsere Kleidung zusammennähen, was von Georg drastisch angeprangert wird. Wir wissen alle um diese Dinge, verschließen nur zu gerne die Augen und es benötigt solche Aktionen oder tragische Unglücke, um uns tatsächlich damit auseinanderzusetzen – was jedoch noch lange keine Verhaltensänderung bewirkt.

Ein bemerkenswerter Roman, der nicht nur durch seine inhaltliche Relevanz überzeugt, sondern vor allem das schriftstellerische Potenzial der Autorin unter Beweis stellt. „Auster und Klinge“ ist erst ihr zweiter Roman, man darf auf die folgenden gespannt sein.

Helen Callaghan – Everything is Lies

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Helen Callaghan – Everything is Lies

One evening when Sophia is out with her colleagues, she gets a strange phone call from her mother who asks her to come back home. It is always the same and thus, she cuts her short and goes on amusing herself. The next morning, the bad conscience is nagging and she gets in the car to visit her parents. What she finds in their house is horrible: her mother hanging from a tree, her father badly injured. What happened? The police soon close the file, for them the case is clear: an extended suicide. But when Sophia find her mother’s diaries, she is convinced that her mother would never have attempted suicide. And what about the burglaries? Over months, her parents had been the victims of break-ins. The deeper Sophia digs in her mother Nina’s past, the more complex and strange things seem to be, but there are not many people who believe her.

Helen Callaghan caught me immediately. Even though the beginning leads into a completely different way, centring about Sophia’s work at an architectural agency, she soon accelerates and with the first part of Nina’s diary, I was completely absorbed by the novel.

The most striking part is definitely Nina’s past in the cult she joined as a student. It is a wonderful example of how easy it is to manipulate a young woman who lacks self-confidence and experience. Cleverly they approach her and they use the right amount of charm to trick her into their community. At the moment she arrives at their house, there is no way out anymore for her, she is already too deeply involved emotionally to think and act clearly.

The thriller is full of suspense, offering twists and turns at the perfect moment to keep the plot running on. The protagonist also seems to be quite authentic and you can easily sympathise with her.

I really enjoyed the novel, it is a most accomplished psychological thriller which leaves nothing to be desired.

Kirsty Logan – The Gloaming

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Kirsty Logan – The Gloaming

Peter, a boxer, falls in love with Signe, a ballet dancer. This unusual match somehow triggers nature and becomes something very special. Signe soon falls pregnant, but of the three babies, only one, Islay, survives. After they had their second daughter, Mara, they move to a remote Scottish island into a huge house. This is where their third kid, the long awaited boy, Bee, arrives. Yet, the forces of nature demand donations and soon the rough sea catches young Bee and leaves the family devastated. Islay flees the haunted island as soon as she can. Mara remains there with the parents not only grieving but also deteriorating more form day to day. With the arrival of Pearl, the chance for Mara to have a more positive look on life suddenly opens up. But Pearl is mysterious and she, too, has a close connection to the earthly forces.

“The Gloaming” is an outstanding novel. It is not exactly fantasy, nor can it completely be classified as a kind of fairy tale. It is somewhere in between the reality as we know it and hardly palpable forces that come from the earth. They are not supernatural, quite the opposite, they are natural and thus guide the characters and decide on what happens. It is somehow close to very old cultures, old folkloristic sagas and beliefs that revive and are called back to the people’s memory.

What I liked best about the novel was the way Kirsty Logan created the atmosphere. Throughout the novel, you have the feeling that there is something about the island or the house, something beyond the characters’ control. It is spooky somehow and gives you the creeps at times. On the other hand, there is a sadness and melancholy which weighs especially on Mara and with is often hard to support.

There is something magical in the novel, yet, it wasn’t exactly the kind of book I love to read.