Volker König – Dicke Enden

Tja, Vielleicht, Das Wort – dies sind drei Titel für Volker Königs Sammlung an Kurzprosa und Lyrik. Er versucht in den kurzen Texten einen Blick in den Alltag, aber auch einen Blick mit einem Schritt Abstand, um diesen wieder klarer zu sehen. Eine reichhaltige Sammlung an Themen, mal melancholisch, mal traurig, oft nachdenklich, bisweilen auch futuristisch. Einige kleine Schätze darunter, die zum Nachdenken anregen wollen und können.

Die Prosatexte gefallen mir insgesamt am besten, die Lyrik spricht mich in keinem der Fälle wirklich an. Einige Texte haben viel Potenzial, die In der begrenzten Form nicht ganz zur Entfaltung kommen. Die Zeichnungen sagen mir auch nur wenig. Insgesamt fehlt es mir ein wenig an Sprachgewalt, die Texte dieser Form benötigen, um wirken zu können, ist die inhaltliche Tiefe nicht gegeben, muss auf andere Weise überzeugt werden. Leider stören auch die doch auffällig häufigen Rechtschreibfehler, die einem immer wieder holpern lassen.

James Patterson – Unlucky 13

Ein seltsamer Unfall lässt Lindsay Boxer den Atem anhalten. Die Insassen sind förmlich explodiert, offenbar waren in ihren Hamburgern eine völlig neue Art von Waffe, die in Kontakt mit Magensäure eine Explosion auslöst. Weitere Opfer folgen, in San Fransicscos Police Department und beim FBI ist man auf höchster Warnstufe. Dafür läuft es bei den Freundinnnen fantastisch. Yuki erhält einen Heiratsantrag und die Hochzeitsreise geht auf ein Kreuzfahrtschiff. Doch schon wenige Stunden nach Antritt der Reise erhält Lindsay ein furchtbares Handy-Video: das Schiff wurde von Terroristen gekapert und Yuki und ihr Mann Brady sind in höchster Gefahr. Doch auch Lindsay gerät ins Fadenkreuz einer alten Bekannten…


Ein rasanter Thriller, dessen Erzählweise stetig zwischen der Ich-Erzählerin Lindsay sowie den anderen Schauplätzen wechselt. Die drei Fälle werden so episodenweise erzählt und doch permanent verstrickt, was ein gelunges Ganzes entstehen lässt. Die Spannung steigt stetig und kulminiert im letzten Drittel. In sich einer logischen Spur folgend, mit interessanten Figuren, die mir bisher nicht bekannt waren, obwohl dies schon der 13. Band des Women’s Murder Club ist. Überzeugender Unterhaltung, hohe Spannung – ein rundum gelungener Thriller.

Christine Sylvester – Psychopathenpolka – Lale Petersen ermittelt

Ein hektischer Morgen, Lale kommt wohl wider zu spät zur Dienstbesprechung und dann kommt ihr auch noch der Radfahrer in den Weg. Glücklicherweise ist ihm nichts passiert und er radelt davon. Doch schon wenige Stunden danach liegt ebendieser Azubi tot über seiner Tastatur. Eine Folge des Zusammenstoßes am Morgen? Bange Stunden vergehen bis zum Ergebnis der Autopsie: Einstichspuren weisen eindeutig auf einen Mord hin. Doch wer hatte ein Motiv, einen linkischen Informatiker zu töten? Ein Geheimprojekt mit verschlüsselten Daten scheint der entscheidende Hinweis zu sein, aber ein Brandanschlag auf das Elternhaus des getöteten Azubis wirft weitere Fragen auf . Doch nicht nur hier muss das Team um Lale ermitteln. Ein hinterhältiger Frauen-Schläger hält die Dresdner in Angst und offenbar gibt es in der Stadt auch ein gehöriges Cannabis Problem. Zu hause ist mit Entspannung ebenfalls nicht viel gewesen, Junior Pit hat das heimische Wohnzimmer zum neuen Proberaum der Polka-Guerilleros erklärt.

Ein Krimi ganz nach meinem Geschmack. Ein vertrackter Mord, ein paar Nebenkriegsschauplätze, dazu Ermittler, deren Alltag ihnen schon mal über den Kopf wächst, sie aber nicht den Humor verlieren lässt. Die Figuren durchweg glaubwürdig und authentisch, besonders das Frauen-Team Lale und Mandy sind ausgesprochene Sympathieträger, die sich geschickt die Bälle zuspielen. Mit viel Wortwitz und unterhaltsamen Dialogen arbeitet sich die Handlung stetig voran, wenn sie auch – das einige Manko – am Ende ein rasches etwas unbefriedigendes Ende gefunden wird. Vieles wurde plötzlich zu offensichtlich und die Tatmotive waren mir zu schwach. Nichtsdestotrotz; beste Unterhaltung. Eine Schande, dass mir die vier Vorgängerbände der Reihe bis dato unbekannt blieben.

Stefan Nink – Freitags in der faulen Kobra

Ein beschaulicher Urlaub in Indien. Mit einer missglückten Yoga-Übung beginnt Siebeneisens Pechsträne, die einmal um den Planeten führen wird. Für einen Maharadscha gilt es eine Steinfigur wieder zusammenzusetzen, deren Einzelteile vom legendären James Cooks in aller Herren Länder verstreut wurden. Unterstützung erhält er wie immer durch Wipperfürth, seinerseits durch einen Steißbeinbruch reiseunfähig aber mit neuer Homebase in der Faulen Kobra, wo selbige zu Gitarrenklängen aus ihrem Bastkorb erscheint. Eine turbulente Jagd nach der Heiligenfigur beginnt und Siebeneisen muss feststellen, wie leidensfähig der menschliche Körper doch sein kann, nicht nur Attacken von Vögel und wahrhaftige Begegnungen mit weißen Haien, sondern auch echte Eisbären erwarten ihn auf seiner Schatzsuche.

Stefan Ninks Roman lässt sich an wie eine Detektivgeschichte auf Spuren des Seglers James Cook. Doch schon der umwerfend sympathische Umschlag – samt Kobra und Teeflecken – gibt unverhüllt zu, dass es nicht ganz so ernst zugehen wird. Die Odyssee wird begleitet von humoristischen Einlagen, Sprachwitz und schier zur Verzweiflung führendem Pech des Protagonisten, der seinerseits jedoch tapfer durchhält und auch ein wenig Glück auf seiner Seite hat. So absurd die Handlung so unterhaltsam die Sprachgewalt, mit der Stefan Nink erzählt. Treffsichere Formulierungen gepaart mit historischen Fakten und einem ausnahmslos außergewöhnlichen Figurenkabinett unterhalten den Leser auf beste Weise.

Alexander Emmerich – Der Doktor und sein Fälscher

Eine stilvolle Abschlussfeier der jungen Promoventen wird jäh unterbrochen als ein ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeit den Gästen regelrecht vor die Füße fällt. Olivia von Sassen und Moritz Martin beginnen die Ermittlungen und haben schon schnell eine zweite Leiche an der Universität. Ein Schatten geht um, der einen nach dem anderen beseitigt, um ein großes Geheimnis zu schützen, von dem seine Zukunft und die wissenschaftliche Karriere abhängt.

Der zweite Krimi der Mannheim-Reihe ist wieder eine gelungene Mischung zwischen überzeugendem Krimi und humorvollem Geplänkel der beiden Ermittler. Der Fall ist authentisch und glaubwürdig, wird rasant auf Basis von Fakten und Ermittlungserkenntnissen gelöst. Die Figuren gewinnen weiter an Profil auch wenn die für meinen Geschmack noch mehr in den Fokus rücken dürften, nach wie vor bleibt deren Vergangenheit sehr ominös. Der Cliffhanger am Ende macht Lust auf den nächsten Band.

Fazit: kurzweilige Unterhaltung mit Spannung und einigem Lokalkolorit.

Zadie Smith – NW

Der viel gelobte Roman von Zadie Smith. Vier Londoner, Leah, Natalie, Felix und Nathan, werden in ihrem Alltag begleitet. Es sind nicht die großen Veränderungen, die tragischen Ereignisse, die das Leben aus der Bahn werfen, sondern die banalen Tatsachen des Alltags, die gezeichnet werden und dem Leser bekannt sind. Miteinander verweben sich die Leben der Protagonisten, die Große Frage nach der Gestaltung des Lebens, den Dingen, die einem wichtig sind und was eigentlich Sinn macht.

Leider enttäuschte mich das Buch von der ersten bis zur letzten Seite. Vieles blieb für mich banal und nicht stilbildend und sinnstiftend. Bisweilen nervten mich die Figuren in ihrem Egozentrismus und engstirnigen Art. Einizig die Entwicklung Natalies, die aich trotz aller Widrigkeiten den Weg nach oben bahnt, hatte einen gewissen Unterhaltungswert.

Antal Szerb – Reise im Mondlicht (Lesung)

Eine Hochzeitsreise ins beschauliche Italien soll der Beginn für Mihalys bürgerliches Leben werden. Doch die Begegnung mit einem alten freund reißt auch alte Wunden wieder auf und Mihaly muss sich seiner Vergangenheit stellen. Nachdem er wegen eines schnellen Espresso den Zug verpasst und seine Frau alleine weiterreist, gibt er die Ehe auf und beschließt, sich auf die Suche nach einem alten Freund zu machen, um Licht ins Dunkel zu bringen während seine Frau in Paris dem dekadenten Luxusleben frönt.

Eine für mich anstrengende Geschichte. Die Jugend Mihalys rund um die bezaubernde Eva fand ich noch sehr interessant, aber seine depressive Suche nach der Vergangenheit in Rom, strengt dann doch sehr an. Man sollte manchmal Vergangenes einfach ruhen lassen. Als Geschichte und sprachlich durchaus interessant, auch die Figuren sind sehr ungewöhnlich – zum Hören aber definitiv nicht geeignet.

Johan Theorin – Nebelsturm (Hörbuch)

Joakim Westin zeiht mit seiner Familie in den Norden der Insel Öland. Der prachtvolle Hof passt genau zu dem Restaurierungsplänen, die er mit seiner Frau hat. Hätte er doch nur die Inselältesten zuvor kontaktiert, um zu erfahren, welche Last auf dem Haus liegt. Die Namen der Toten, die im Nebelsturm ums Leben kamen, sind noch immer eingeritzt und der nächste Nebelsturm ist schon im Anmarsch. Bei seiner letzten Fahrt in Richtung neue Heimat erhält er eine schreckliche Nachricht: seine Tochter Livia ist ums Leben gekommen. Doch die junge Polizistin hat sich geirrt und Joakim ahnt noch nicht, in welches teuflische Geflecht er geraten ist.

Ein gruseliger Krimi, der die Stimmung in Zeiten der Nebelstürme gelungen einfängt und dem Hörer bisweilen den Schauer den Rücken runterjagen lässt. Die Geschichte spannend und glaubwürdig mit unerwarteten Wendungen und Zusammenhängen.

Ferdinand von Schirach – Der Fall Collini (Hörspiel)

Der junge Anwalt Leinen erhält seinen ersten Fall als Strafverteidiger. Der Italiener Collini hat einen angesehenen Industriellen ermordet. Er gesteht ohne wenn und aber und möchte eigentlich nicht verteidigt werden. Eine klare Sache, Leinen wird seitens der Firma bedrängt, den Prozess kurz zu halten, um nicht noch weiteres Aufsehen zu erregen. Doch das Motiv für den Mord bleibt im Dunkeln. Leinen beginnt mit den Nachforschungen und findet schon bald eine Spur, die seine Vorstellungskraft übersteigt und den Fall in ein ganz anderes Licht rückt.

Ein Stück deutsche Geschichte, tragisch und vermutlich kein Einzelfall, wenn auch fiktiv. In der Klarheit und Stringenz typisch von Schirach, überzeugt mich auch der Fall Collini mehr durch den gnadenlosen Inhalt und die Konfrontation mit dem, was nicht sein darf.

Owen Matthews – Winterkinder

Owen Matthews Familiengeschichte zeichnet den Weg Russlands im 20 Jahrhundert nach. Stellvertretend für Millionen von Familien beschreibt er Not, Elend, schiere Verzweiflung – aber auch Mut, Tatkraft, Liebe und unbändigen Willen, es mit dem Leben, dem Schicksal und einem ungnädigen politischen System aufzunehmen.
Beginnend bei seinen russischen Großeltern mütterlicherseits, der Opa von Stalins Weltbild überzeugt und ein Arbeiter mit Vorbildcharakter in der ukrainischen Traktorenfabrik, erleben die harten Jahre russischer Invasion im Nachbarland und auch den Verrat. Väterlicherseits ebenfalls engagiert und politisch aktiv – auf der anderen Seite des Systems. im Zentrum jedoch steht die Liebesgeschichte seiner Eltern Ljudmila und Mervyn, die gestärkt durch eine erbarmungslose Kindheit voller Entbehrungen, alle sich bietenden Möglichkeiten ergreifen, um den Geist reifen zu lassen und sich zu Beginn der 60er Jahre in Moskau verlieben. Die politischen Entwicklungen der Zeit trennen sie. Der Kalte Krieg ist auf seinem Höhepunkt, da ist die Verbindung zwischen einem revolutionären Engländer und einer kritischen Russin undenkbar. Doch das Schicksal fordert die beiden geradezu heraus, sich ihm für ihr Zusammensein in den Weg zu stellen und die Lücken in den opponierenden Systemen zu nutzen.
Matthews hat eine Hommage geschrieben an das Durchhaltevermögen seiner Eltern in ihrem Kampf. Er bettet das individuelle Schicksal unterhaltsam und nie belehrend in historische Kontexte ein, ohne deren Wissen so mancher Schritt schwer nachzuvollziehen wäre. Er findet dabei eine leserfreundliche Balance, die das Buch – man mag es in Anbetracht der schrecklichen Begebenheiten kaum aussprechen – unterhaltsam werden lassen. Die Geschichte von Ljudmila und Mervyn ist sicherlich einzigartig in dieser Form, eher aber repräsentativ für unzählige Familien, die durch politische Umwälzungen mit Vertreibung und Flucht konfrontiert wurden oder unschuldig in die Mühlen der Politik geraten sind.

Es wurde Zeit für eine Übersetzung ins Deutsche nachdem das Buch seit nunmehr 6 Jahren weltweite Erfolge feiert. Gerade vor dem Spiegel der politischen Ereignisse im März 2014 auf der Krim stellt sich dem Leser die Frage, ob sich Geschichte wiederholt, denn der Überfall auf und Unterjochung der Ukraine durch Russland vor 80 Jahren scheint sich aktuell einmal mehr abzuspielen.