
Die Pandemie hat Athen fest im Griff, der harte Lockdown legt das öffentliche Leben lahm. Kommissar Kostas Charitos beginnt schon fast sich zu langweilen als ein Selbstmord Fragen aufwirft. Im Internet wird ein Abschiedsbrief veröffentlicht, der auf eine bis dato unbekannte Gruppierung hinweist, die Bewegung der Selbstmörder. Wer soll das sein? Bald schon folgt ein zweiter Suizid und Charitos und sein Team beginnen zu ermitteln, stoßen aber schnell schon an eine andere Grenze: auch in der griechischen Hauptstadt findet sich eine bedeutsam große Gruppe an Corona Skeptikern, die nicht länger die drakonischen Maßnahmen hinnehmen wollen.
Petros Markaris bleibt in seiner Reihe um den griechischen Kommissar den bekannten Mustern treu: wieder greift er ein aktuelles gesellschaftspolitisches Thema auf, das clever in eine Krimihandlung eingebettet wird. Daneben kommen auch wieder die kulinarischen Köstlichkeiten nicht zu kurz. „Verschwörung“ überzeugt weniger durch die große Spannung, sondern durch nachdenklich stimmende Eindrücke aus einer Stadt im Ausnahmezustand.
Die Selbstmörder weisen schnell Parallelen auf, sie alle sind schon betagt und kämpften einst für die Anliegen der Linken. Sie gingen für ihre Ideale ins Gefängnis und harrten Jahre in Verbannung aus, doch nun sind die Kräfte am Ende und Perspektiven haben sie keine mehr. Es ist die finale Kapitulation, die letzte Möglichkeit wenigstens ein Mal die Oberhand zu haben, bevor der soziale und wirtschaftliche Niedergang sie einholt.
Interessant hat Markaris die Perspektive der Corona Skeptiker eingebaut. Sein Protagonist schreibt sie nicht einfach als Spinner ab, sondern will ihre Perspektive verstehen, setzt sich mit ihnen auseinander und gibt ihnen eine Stimme, was jedoch nicht eine klare Positionierung ausschließt.
Die Atmosphäre des Lockdowns dominiert die Handlung und führt zu einer deutlichen Entschleunigung. Dies wiederum schafft den Raum für die nachdenklichen Töne, die Markaris schon immer seinen Romanen mitgibt und die Spuren beim Lesen hinterlassen und den Leser nicht nur mitnehmen, sondern einladen, die eigenen Positionen zu überdenken.
Einmal mehr ein großartiges Leseerlebnis von Petros Markaris, das belegt, dass spannende Unterhaltung und anspruchsvolle Lektüre sich nicht ausschließen.