Antoine Laurain – The President’s Hat

Since he has to spend the evening alone, Daniel Mercier decides to have dinner in a brasserie and to enjoy himself there. He can hardly believe his eyes when next to him M. le Président de la République, Francois Mitterrand, is seated with two friends. During dinner, he eavesdrops the small group and when they leave, Daniel finds the president’s hat forgotten by its owner. When he puts it on, his life starts to change. An experience that also Fanny makes when she discovers the hat in a train forgotten this time by Daniel. In this way, the hat starts to travel across Paris, miraculously changing the lives of the people who put it on.

I really enjoyed reading the novel. First of all, we are sent back to the 1980s, a completely different era with Mitterrand as socialist president and Paris undergoing dramatic changes. The idea to have an item which triggers your own superpowers is funny in one way, in the other it also shows that just by believing in something you can achieve quite a lot. Not to forget: this is a novel to enjoy and indulge in since the changes are positive ones. Each possessor makes a stop forward in life, overcomes old believes and finds the courage to end things. The novel leaves you with a smile on your face and a bit of sadness when you have reached the last page knowing that the hat’s story will not go on. 

Han Kang – The Vegetarian

Yeong-hye und ihr Mann leben ein bescheidenes und unauffälliges Leben in Seoul. Sie haben sich wenig zu sagen und arrangieren sich mit den Gegebenheiten des Alltags. Ein Alptraum veranlasst Yeoung-hye, Vegetarierin zu werden. Ihren Mann irritiert dies zunächst, bei einem wichtigen Geschäftsessen blamiert ihn dies auch, aber viel stärker reagiert Yeong-hyes Familie auf diese Entscheidung. Bei einem Familienessen kommt es zum Eklat. Ihr Schwanger indessen ist fasziniert von dieser Frau, die sich nach dem einschneidenden Erlebnis immer mehr zurückzieht und an Gewicht verliert. Der Künstler sieht in ihr das perfekte Motiv, doch ist seine Kunst sehr avantgardistisch für die Zeit und den Ort, weshalb auch hier nur kurze Zeit die Illusion von Perfektion herrscht. Im abschließenden Teil des Buches erleben wir Yeong-hyes Schwester, die über die Entwicklung der jungen Frau nachdenkt und die Ursachen in der Familie findet. In der Psychiatrie, in der sie wegen akuter Gefährdung und völliger Nahrungsverweigerung untergebracht ist, unternimmt sie einen letzten Versuch, zu ihr vorzudringen.
Auch wenn es einen roten Faden gibt, so besteht das Buch doch aus drei gänzlich verschiedenen Geschichten mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Gemeinsam haben sie die Einsamkeit, die die Figuren spüren, das nicht verstanden werden von ihrer Umwelt und den Eindruck, das falsche Leben zu leben und an einem Punkt zu sein, an dem sie alles hinterfragen. Das Buch ist außergewöhnlich, die Sprache unglaublich stark in ihrer oftmals reduzierten, fast unpoetischen Art. Dies steht dann wieder im Kontrast zur inspirierten künstlerischen Kraft des Schwagers, der in der Welt mehr als die Oberfläche erkennen und hervorbringen kann. Dafür hat das Buch völlig zurecht den International Man Booker Prize erhalten. Auch erhält man einen Einblick in eine doch sehr fremde Kultur und die dort vorherrschenden Konventionen, die die Menschen sehr stark in ihrem Leben leiten und auch beschränken.

Was mich jedoch beim Lesen gänzlich überfahren hat, war die Brutalität in diesem Buch. Die Autorin beschönigt nicht und wenn ihre Figuren Gewalt ausgesetzt sind, setzt sie auch den Leser dieser aus. Physisch wie auch psychisch müssen alle drei Protagonisten leiden und oftmals trifft es einem eher unvermittelt und dafür umso härter. Psychische Erkrankungen fast bis zum Suizid, explizite Sexszenen, unverhohlene Gewalt – drei Dinge, die mich etwas überrascht haben, aber durchaus im Kontext des Buches stimmig sind.

Jane Gardam – The Man in the Wooden Hat

Filth – short for ‘Failed in London, Try Hong Kong’ – is building his career in Hong Kong. When he meets Elisabeth, he knows that she is to be his wife. Betty is like Filth a Raj orphan, growing up in the eastern part of the empire and never really accustomed to the British lifestyle, she is a free spirit. Nevertheless, she agrees to marrying this promising young man, even though she hardly knows him and has a lot of doubts. On the evening of the proposal, she gets to know Veneering and regrets that she had consented to marry and never leave Filth only a couple of hours before. Her whole life she will be oscillating between the two men, enemies in business matters and private life alike, until she finally resolves to stop lying.

The second novel in Jane Gardam’s trilogy about Filth and Betty and the fall of the British Empire. Here we get the opposite side of the story, told from Betty’s point of view and thus we see a lot of things in a completely different light. The tone, again, is wonderful and fits the setting perfectly. A novel just to enjoy and to indulge in.

Jane Gardam – Old Filth

Long ago, Old Filth – short for ‘Failed in London Try Hong Kong’ – was a young and successful lawyer in the far east of the former empire. Born there, he grew up without his mother, she died while giving birth, and father, he was not interested in his son. Like all those Raj orphans, he was sent back to the mother country to get an education and to return later to find his career somewhere in Asia. Now, Edward Feathers by real name thinks back of his life and different episodes which made him the person he is now as an old man prepared for dying.

A wonderful novel leading the reader into a time which is long gone and will never be there again. The protagonist had the classic biography of people of the British Empire who made their careers in the eastern parts of the kingdom. What I liked especially were the episodes of Old Filth as a young boy, his experiences among Malayan people and his life there as one of them. What was done to him then when sending him to England, was a rather sad story but I assume also close to reality. All in all, an enjoyable plot narrated in a perfectly fitting tone.

Shulamit Lapid – Lokalausgabe

Nach einer rauchenden Party in ihrer Villa wird die Gastgeberin ermordet in ihrem Garten gefunden. Das Entsetzen in Tel Aviv ist groß, die Polizei ermittelt auch Hochtouren und auch Lisi Badichi, Lokalredakteurin und mit ihren Plattfüßen und feinen Spürsinn, geht den Geschehnissen nach, war sie doch selbst Gast auf dem Fest. Schnell schon deckt sie Verwicklungen verschiedenster Art auf und gerät der Polizei immer wieder in Quere, wenn nicht ihr Schwager der Ermittlungen leiten würde, hätte man sie schon längst kaltgestellt, denn er sieht auch, dass Lisi die richtige Spur verfolgt und Informationen erhält. Doch je mehr sie sich einmischt, desto mehr gerät auch sie in Gefahr.
Meine Israelbegeisterung hält an und so findet sich auch der Weg zu älteren Romanen, wobei die Reihe um Lisi Badichi (ausgezeichnet mit dem deutschen Krimipreis 1996) nun von dotbooks neu aufgelegt wurde. Leider konnte mich der Krimi nicht überzeugen. Die Protagonistin ist für mich zu unglaubwürdig und unstimmig gezeichnet. Wird sie uns erst als platt und laut verkauft, weshalb sie mit 30 immer noch Jungfrau ist und alle Männer verschreckt, wird sie plötzlich zum attraktiven Schwan, dem alle nachrennen, ohne dass sie etwas dafür getan hätte. Auch die Tatsache, dass sie einerseits immer wieder einen guten Sinn für interessante Geschichten beweist, die in ihrer Zeitung auch veröffentlicht und prämiert werden, sie gleichzeitig aber wegen Erfolglosigkeit auf der Abschussliste steht, ist irgendwie seltsam. Der Fall selbst ist durchaus inter4essant, vor allem die Verwicklung unterschiedlichster Gruppen erscheint mir glaubwürdig, aber die Auflösung durch Lisi als Betthäschen war mir dann doch etwas zu billig.

Joel Dicker – Die Geschichte der Baltimores

Schon als Kind hat Marcus seine Cousins beneidet, die Goldmans aus Baltimore, er gehört zu den Goldmans aus Montclair, doch in Baltimore passierte immer so viel mehr und er war nur in den Ferien Mitglied der Gang. So adoptieren sie Woody, ein Sportass und verlässlicher Freund für Hillel, der in jungen Jahren schwerem Mobbing ausgesetzt war. Als Teenager lernen sie zum ersten Mal auch Konkurrenten zu sein als sie sich alle drei in das Nachbarsmädchen Alexandra verlieben. Die Schulzeit erfolgreich beendet gehen sie das Studium an, dass für den sportlichen Woody und den intelligenten Hillel ebenfalls ein großer Erfolg werden soll. Doch die Dinge laufen anders als geplant und erst viele Jahre nach der Katastrophe gelingt es Marcus zu rekonstruieren, was wirklich geschah.

Einmal mehr gelingt es Joel Dicker eine Familiengeschichte in diskontinuierlicher Weise langsam zusammenzusetzen und als Ganzes vor dem Auge des Lesers auferstehen zu lassen. Langsam und ruhig erzählt er, immer unterbrochen durch Schilderungen der Gegenwart, was zwangsweise Brüche erzeugt und so das Interesse noch steigert zu erfahren, wie es dazu kommen konnte. Für mich einer der großen Unterhaltungserzähler der Gegenwart.

Michael Harvey – Brighton

1975, Boston, a problematic neighbourhood where racial hatred dominates everyday life. When 15-year-old Kevin finds his beloved grandmother stabbed and his sister hurt by a black teenager, there is only one way to solve the problem. His best friend Bobby helps him in seeking revenge. More than 25 years later, Kevin is a famous investigative reporter and returns to his hometown. Not much has changed there, the suburb still has to face violent murders and gangs control the people’s life. When the gun which had been used a quarter of a century ago is linked to recent murders, Kevin as well as his old friend, now a big fish in illegal business, get on the police radar.
It takes quite some time until the novel develops a bit of speed. By far too long for a thriller. The prologue takes about a fifth of the novel and I was already prone to putting the novel away. Luckily I kept on reading since then the story suddenly gathered pace and became more and more interesting. The plot – which at first glance seemed only slightly promising since you as a reader knew what happened in 1975 – became more and more complex and had a real surprise to offer in the end which made things look completely different.
The last part of the novel really could atone for the slow start, nevertheless, no full points.

Bert Wagendorp – Ventoux

Sommer 1982. Voller Übermut brechen die 5 Freunde auf, um den berühmten Mont Ventoux zu bezwingen. David, aus Surinam stammend und bald das Reisebüro seines Vaters übernehmend; Joost, das Physik-Genie, dem eine bemerkenswerte Uni-Karriere bevorsteht; André, dessen Karriere sich im Zwielichtigen Milieu abspielen wird; Peter, der Dichter und neue Stern am niederländischen Literaturhimmel und Bart, der als Journalist seine Freunde im Auge behalten wird. Dabei ist auch Laura, in die alle fünf gleichermaßen verliebt sind. Doch ein Unglück geschieht und nur vier von ihnen kehren heim. Dreißig Jahre später erst ist der Moment gekommen, die Geschehnisse von damals aufzuarbeiten und nicht nur zu schauen, was aus den Freunden geworden ist, sondern auch festzustellen, was und wie viel sie noch verbindet. Genau wie damals wird auch dieses Mal die Besteigung des Berges ihrem Leben eine neue Wendung geben.
Scheinbar ein Buch übers Radfahren, dem Titel und Cover nach wird es passionierte Radler vermutlich direkter ansprechen. Doch welch ein Trugschluss, drückt sich durch das gemeinsame in die Pedale treten nur das aus, was zwischenmenschlich die Freunde bewegt: gemeinsames Leiden, Konkurrenzkampf, gemeinsame Ziele, individuelle Erfolge und Misserfolge, die sich nur schwer planen lassen. Ein mysteriöser und sagenumwobener Berg, an dem schon viele Große gescheitert sind, nicht weniger ist drin für diese Freundschaft, die etwas Besonderes ist und die Zeit überdauern kann, deren Erhalt jedoch erkämpft werden muss. Die eine Etappe, die sie fahren, als junge Männer wie als Erwachsene – Sinnbild für den Weg, den sie im Leben teilen, der hart und steinig ist und den man nicht allein bewältigt.
All dies erzählt Wagendorp in einem unterhaltsamen Plauderton, der die Zwischentöne erkennen lässt und so eine beim Aufschlagend es Buches nicht zu erahnende Tiefe erreicht. Oftmals spielt es keine Rolle, ob man als Leser eine gewisse Altersnähe zum Protagonisten hat, hier würde ich aber sagen, dass man jenseits der 40, wenn man ein paar Jahre zurückblicken kann, mehr von dem Buch hat.

Dorit Rabinyan – Wir sehen uns am Meer

Liat kennt noch nicht viele Menschen in New York, als ihr Freund Andrew kurzfristig eine Verabredung nicht wahrnehmen kann, schickt er ihr seinen Arabischlehrer Chilmi, nicht ahnend, was er damit auslöst. Die Übersetzerin und der Künstler verlieben ineinander und sind fortan unzertrennbar. Doch ihre Liebe hat ein Verfallsdatum, denn am 20.5., nur wenige Monate nach ihrem Kennenlernen, muss Liat schon wieder zurück in die Heimat. Doch das ist das geringste Problem der beiden: Liat ist Israelin und und Chilmi Palästinenser – eine Liebe, die nicht sein darf und auch tausende Kilometer entfernt die Konflikte ihrer Heimat nicht gänzlich ausblenden kann und ganz sicher keine Zukunft haben wird.
Dorit Rabinyans Geschichte wird auf mehreren Ebenen erzählt und geht ungemein tief. Vordergründig die Liebesgeschichte zweier New Yorker, die auch Alltagsprobleme kennen und dennoch immer wieder gänzlich die Außenwelt ausblenden können, um nur für sich zu zweit sein zu können. Spannend wird es jedoch, wenn die konfliktreiche Lage in Israel zwischen sie gerät. Obschon sie im gleichen Land aufgewachsen sind, teilen sie keine Sprache und auch keine Kindheitserinnerungen, denn das Leben der Palästinenser ist von Flucht und Unterdrückung geprägt, die Israelis wiederum werden stark durch die Erfahrungen beim Militärdienst geprägt – sie hätten sich als Feinde gegenüberstehen können. Noch kritischer die Situation, wenn Familie und Freunde ins Spiel kommen. Liat und Chilmi wählen ganz verschiedene Wege des Umgangs: Liat verheimlicht ihre Liebe, leugnet Chilmi oder spielt seine Herkunft herunter. Chilmi wieder setzt seine Freundin seiner Familie aus – mit der Gefahr den Nahostkonflikt an den Esstisch zu holen.

Ich habe viel über die Lage in Israel gelesen, Sachbücher wie auch Belletristik, aber selten fand ich den Konflikt so greifbar und persönlich dargestellt wie in Dorit Rabinyans Roman. Die Autorin zeigt, dass man versuchen kann, ein „normales“ Leben zu führen und die Politik auszublenden, dass man weder als Israeli noch als Palästinenser nicht davor gefeit ist, unmittelbar hineingezogen zu werden und Position beziehen zu müssen. Und hier kann es keine neutrale Position geben, zu sehr sind beide Seiten historisch und familiär belastet. Dass man sich in Israel entschieden hat, das Buch in den Schulen zu verbieten ist ausgesprochen bedauernswert, denn es hätte einen Blick auf die andere Seite des Konflikts erlaubt.

Howard Jacobson – Shylock is My Name

Kunstsammler Simon Strulovitch ist am Verzweifeln. Nicht nur dass seine Frau schwerkrank ist, macht ihm seine Tochter Beatrice auch nur Probleme. Schon in jungen Jahren hat sie Männern reihenweise den Kopf verdreht und nun droht sie mit einem Fußballer durchzubrennen. Rat sucht er bei Shylock, den er zufällig auf dem Friedhof kennenlernte und zu sich einlädt. Derweil kämpf in einem anderen Stadtteil Londons D’Anton damit, der liebenswürdigen, aber leider ziemlich falschen Pluralbelle (aka Anna Livia Plurabelle Cleopatra A Thing of Beauty is a Joy Forever Christine) alles recht zu machen und deren etwas dümmlichen Verlobten derart zu manipulieren, dass Plurabelle bei Laune bleibt. Als Beatrice samt Verlobtem im Haus auftauchen, wird D’Antons ohnehin schweres Leben noch eine Nummer komplizierter.

Howard Jacobson hat Shakespeares Komödie „The Merchant of Venice“ neu interpretiert und in das London der Gegenwart verlegt. Einige der Figuren erkennt man leicht wieder, vor allem die Problematik des Judentums bzw. der Juden in einer christlichen Mehrheitsgesellschaft kommt auch in dieser Variante des Sujets sehr gut zum Vorschein, aber alles in allem hat mich der Roman mehr verwirrt als überzeugt. Herrliche Dialoge können über die schwache Grundgeschichte nicht hinwegtäuschen, ebenso sind die Figuren derart überzeichnet, dass es nur wenig an ihnen zu entdecken gibt an Facetten und Schattierungen, die sich erst im Laufe der Handlung hätten zeigen können. Es bleibt bei einem interessanten Ansatz, der bei mir jedoch nicht angekommen ist.