Vendela Vida – Des Tauchers leere Kleider

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Vendela Vida – Des Tauchers leere Kleider

Eine Frau flieht, nur weg aus Amerika. Casablanca erscheint ihr entfernt genug. Kaum im Hotel angekommen, wird ihr Rucksack mit Pass und Kreditkarten gestohlen. Das Personal macht einen engagierten Eindruck, auch die Überwachungskamera zeigt den Schuldigen. Die Polizei beruhigt sie, man wird den Täter schnell finden. Doch am nächsten Tag auf der Wache übergibt man ihr den falschen Rucksack inklusive dem Pass einer anderen Frau. Soll sie diesen annehmen und das Thema abhaken oder weiter ihren eigenen fordern? Sie greift zu und übernimmt die fremde Identität. In ihrem Hotel will sie nicht bleiben und zieht daher um. In ihrer neuen Unterkunft finden gerade Dreharbeiten mit einer berühmten Schauspielerin statt und nach dem Ausfall eines Lichtdoubles wird sie spontan engagiert. Mit einer neuen Identität eröffnet sich ein neues Leben. Aber so leicht lässt sich das alte nicht abstreifen.

Vendela Vidas Roman kann immer wieder überraschen. Nicht nur weil die Protagonistin völlig absurd und wenig nachvollziehbar agiert, sondern auch weil die Handlung immer wieder unerwartete Wendungen nimmt. Wenig an dem Roman entsprach dem, was ich von ihm erwartet hatte.

Im Zentrum steht die junge Frau, die offenbar Schreckliches erlebt hat, was sich aber erst sehr spät im Roman nach und nach offenbart, ihre Flucht aber letztlich sehr glaubhaft motiviert. Casablanca ist für sie kein reiflich überlegtes Ziel, überhaupt scheint der Ort, an den sie reist, nur am Rande relevant zu sein. So bleibt das Setting auch weitgehend beliebig und die Handlung könnte sich ziemlich überall abspielen, womit die Autorin leider eine Chance vergeben hat. Dass sie die fremde Identität annimmt und wie es dazu kommt, kann man entweder als völlig unglaubwürdig oder ausgesprochen klischeehaft einordnen – beides ist nicht besonders befriedigend.

Den größten Teil der Handlung nehmen die Begegnung mit der Schauspielerin und die Dreharbeiten ein. Zugegebenermaßen hat mich der Ablauf an einem Filmset herzlich wenig interessiert, dies wird aber detailliert ausgeführt. Die Schauspielerin selbst ist eine durchaus interessant angelegte Figur, bleibt aber oftmals zu skizzenhaft, um real zu wirken.

Auch das Ende lässt mich etwas unzufrieden zurück. Überstürzt flüchtet sie immer weiter und es ist nicht abzusehen, ob und wie sie sich ihrem Leben wieder stellen will. Mittlerweile gänzlich ohne Papiere und Habseligkeiten, irrt sie umher. Dies erscheint dann doch etwas arg überzogen.

Interessant am Roman war der Schreibstil. Die Autorin hat sich für eine ungewöhnliche Erzählperspektive entschieden, wie folgende Passage verdeutlicht:

Du schlägst den Pass auf und siehst, dass dir das Foto zwar ähnelt – die Frau hat glatte braune Haare und helle, weit auseinanderstehende Augen –, dass es aber nicht dein Pass ist. Er gehört, wie du siehst, einer Frau namens Sabine Alyse. Der Polizeichef legt dir ein rotes Portemonnaie hin.

Diese Du-Erzählung in der der Erzähler die Protagonistin adressiert ist gewöhnungsbedürftig und vermutlich nicht umsonst eher selten.

Das Gesamturteil fällt gemischt aus. Die guten Ansätze können die verschenkten Chancen nicht aufwiegen und die Erzählperspektive gestaltete das Lesen doch etwas holprig.

Bettina Wilpert – Nichts, was uns passiert

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Bettina Wilpert – Nichts, was uns passiert

Anna weiß noch nicht genau, was sie nach Ende des Studiums anfangen soll, sie bleibt erst einmal in Leipzig und jobbt in einer Kneipe. Da in ihrer Wohnung das Internet nicht funktioniert, geht sie immer noch in die Bibliothek, wo sie über Hannes, einen ehemaligen WG-Mitbewohner und guten Freund, den Doktoranden Jonas kennenlernt. Der hat gerade eine Beziehung hinter sich und da beide nichts Neues suchen, entwickelt sich eine lockere Freundschaft, die auch mal im Bett endet. An Hannes 30. Geburtstag hat Anna einmal mehr zu viel getrunken, weshalb Jonas sie nicht nach Hause bringt, sondern mit zu sich nach Hause nimmt. Als Anna am nächsten Morgen wieder klar denken kann, spürt sie, dass etwas nicht in Ordnung ist. Was ist in der Nacht zuvor passiert? Das war kein einvernehmlicher Sex, den sie hatten, sie war ja gar nicht in der Lage, dem überhaupt zuzustimmen. Aber was war es dann? Anna geht es zunehmend schlechter, aber es dauert Wochen, bis sie aussprechen kann, was ihrer Meinung nach passierte: sie wurde vergewaltigt. Aber das kann doch nicht sein, so etwas passiert ihr doch nicht – und: wie werden ihre Freunde und Familie reagieren?

Bettina Wilpert hat in ihrem kurzen Roman sehr genau auf den Punkt gebracht, was in den Menschen nach einem solchen Vorfall vorgeht. Neben den Emotionen, mit denen Anna aber auch Jonas zu kämpfen haben, ist vor allem auch der Mechanismus im Umfeld der beiden sehr überzeugend geschildert: Unglauben, Parteinahme, übereilter Aktionismus, Unbehagen bei der Thematik und die gesetzliche Maschinerie, die angeworfen wird, nachdem Anna eine Anzeige erstattet.

Man bleibt als Leser hier in keiner Weise unbeteiligt, sondern stellt sich unweigerlich die Frage, wie man selbst damit umgegangen wäre und bemerkt, wie schnell man in die Falle von voreiligen Urteilen tappt. Man schwankt zwischen: „Anna hat auch Schuld, sie hat sich schließlich halb ins Koma gesoffen“ und „egal wie: das ist eine Vergewaltigung und gehört bestraft“. Man hat Mitleid mit den Freunden, die sich genötigt sehen, sich einer Seite zuzuschlagen. Ist Jonas jetzt nur noch der Vergewaltiger – was ist mit all den anderen Aspekten, wegen derer er vorher sympathisch und ein guter Freund war? Alle Erinnerungen erscheinen rückblickend nun in diesem Kontext – aber ist das der richtige Blickwinkel oder könnte man die Dinge auch anders deuten?

Sehr differenziert geht Bettina Wilpert mit Annas Innenleben vor. Sie braucht lange, um die Geschehnisse einzuordnen, ist sich auch zu keinem Zeitpunkt sicher, ob sie es wirklich als „Vergewaltigung“ deklarieren möchte und sie hat eine sehr gute Vorstellung davon, was passieren wird, wenn ihre Anzeige öffentlich wird. Sie will nicht nur „das Opfer“ sein und sie will Jonas auch nicht auf diese Nacht reduzieren – dennoch geht es ihr offenkundig sehr schlecht. Auch Jonas ist nicht eindimensional und streitet alles ab. Er grübelt, überlegt, inwieweit er Mitschuld hat, wann er etwas falsch gemacht hat, kann die Vorwürfe nicht mit seiner Erinnerung in Einklang bringen und eigentlich findet er Anna auch eine attraktive und sympathische Frau.

Alle Widersprüche, die beim Thema sexuelle Gewalt auftauchen, werden in diesem Roman zumindest angerissen. Einer der besten Beiträge zur überhitzten #metoo Debatte.

 

Diana Evans – Ordinary People

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Diana Evans – Ordinary People

Melissa was always happy on her own, she never needed a man to feel complete. Maybe this was due to her father who was everything but a good husband and when her mother had finally left him, things got a lot better. But now she is with Michael and with their two kids they moved into a new house. She already had a bad feeling when she first visited it. Somehow she feels haunted in there and it is obvious that the kids are getting ill and that their relationship is slowly breaking apart. Their friends Damian and Stephanie are troubled, too, Damian is convinced that he is not leading the life he wants to lead whereas his wife is in constant fear of not being the perfect mother. Should all of them maybe just leave London which also seems to become a constant threat?

Diana Evans wrote a novel about “Ordinary People”, people who are caught between the dreams they once had – leading an independent life, having a career, writing a novel, enjoying themselves – and the reality which is full of demands and everyday nuisances that keep them from doing what they would like to do. Apart from daydreaming about the lives they could have, they start questioning if they have chosen the right partner for them. They don’t even know anymore what is more annoying: daily routines or the person next to them.

While Melissa sees more and more ghosts who have a negative influence on her family, Michael turns to his attractive colleague. Stephanie becomes more and more severe in her manners and Damian phantasises about Melissa. None of these options is a way out of their dilemma and when they spend the holidays together and get a closer look at the other couple’s struggles, they realise that they are not alone with their thoughts and fears.

I really liked the author’s way of describing how the characters feel, for example, their not wanting to grow up and consider themselves serious and responsible adults:

They were insisting on their youth. They were carrying it with both hands.

They feel somehow outside themselves in their lives and at some point, even their meant to be significant other cannot make them feel complete since they just don’t understand each other anymore. But, Diana Evans is not too pessimistic, there is some hope:

Sometimes, in the lives of ordinary people, there is a great halt, a revelation, a moment of change. It occurs under low metal skies, never when one is happy.

There will be better times and the sun will also shine again for you. A wonderful novel about most ordinary people and their ordinary lives.

Haruki Murakami – Die Ermordung des Commendatore I

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Haruki Murakami – Die Ermordung des Commendatore I

Als seine Frau sich von ihm trennt, sieht der namenlose Maler darin ein Zeichen und beschließt noch mehr an seinem Leben zu ändern. Nicht nur zieht er sofort aus der gemeinsamen Wohnung aus, nein, er wird auch keine Portraits mehr malen, obwohl er damit in den vergangenen Jahren nicht nur gutes Geld verdient hat, sondern sich auch einen Namen als Künstler machen konnte. Vorübergehend zieht er in das leerstehende Haus des Vaters eines Freundes, der nun wegen Demenz in einem Pflegeheim lebt. Von seltsamen Geräuschen angelockt, findet er auf dem Dachboden ein verpacktes Gemälde mit dem Titel „Die Ermordung des Commendatore“, das ihn sofort fasziniert. Er nimmt es mit in den Wohnbereich, doch bevor er sich näher damit befassen kann, erhält er einen mysteriösen Auftrag von seinem Agenten. Ein letztes Portrait soll er anfertigen, obwohl er zunächst abgeneigt ist, hat der Auftraggeber doch einen gewissen Reiz und so setzt der Maler eine Reihe seltsamer Dinge in Gang.

Haruki Murakami bleibt seinem sehr eigenen Stil treu. Nachdem ich mehrere Bücher von ihm abgebrochen hatte, konnten mich „Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki“ als Hörbuch doch überzeugen, weshalb ich auch bei dem aktuellen zu dieser Variante gegriffen habe. Im Gegensatz zu den Pilgerjahren ist hier jedoch wieder der typische magische Realismus Murakamis vorhanden, hierauf muss man sich einlassen oder es seinlassen.

Der Untertitel suggeriert bereits („Teil 1: Eine Idee erscheint“), dass die Geschichte am Ende des Hörbuchs noch nicht erzählt ist und in der Tat hört es mit einem gemeinen Cliffhanger auf. Davor wird viel über die Malerei, vor allem die Abgrenzung der europäischen von japanischen, gesprochen – ich fand das interessant, bin mir aber nicht sicher, ob das jeden Leser in dieser Tiefe anspricht. Über den Charakter des Protagonisten lässt sich tatsächlich auch nach all den Stunden wenig sagen, er ist ein Einsiedler und die Abgeschiedenheit in dem Haus auf dem Berg scheint wie gemacht für ihn. Auch seine Maltechnik ist außergewöhnlich, unterstreicht aber nur seine sehr eigene Persönlichkeit

Erst durch die Begegnung mit seinem Modell kommt etwas mehr Handlung auf, wobei hier die magischen Elemente erscheinen. Man fragt sich, ob dies alles den Halluzinationen der Figuren zuzuschreiben ist, gleichsam könnte man sich aber auch vorstellen, dass in Japan die Dinge einfach anders gedeutet werden und „Realität“ anders aufgefasst wird als bei uns. Die rein örtliche Distanz zum Handlungsort macht es für Leser wie mich, die realistische Geschichten bevorzugen, hier leichter, diese Elemente als Teil der Handlung zu akzeptieren.

Alles in allem, eine interessante Geschichte, die natürlich jetzt auf ihre Fortsetzung wartet.

Jacques Attali – Meurtres, en toute intelligence

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Jacques Attali – Meurtres, en toute intelligence

Automne 2018. Quand la commissaire Fatima Hadj est convoquée à l’hôtel de Crillon à Paris, elle pense encore à un meurtre plus ou moins habituel. Le PDG d’une entreprise américaine a été assassiné, mais à l’intérieur de la chambre, il n’y a aucune empreinte. L’enquête se concentre vite sur les collaborateurs qui sont venus à Paris avec le PDG afin de finaliser la fusion avec une entreprise française. Mais, tous les suspects étaient assis à une table dans le restaurant à l’heure de l’assassinat. C’est un concurrent alors qui a éliminé le PDG ? Et quel type de logiciels produisent-ils chez la firme Boromir Technologies ? Et pourquoi une fusion avec une entreprise qui est spécialisée en drones ? Peu de jours après, Fatima va avoir compris non seulement la relation entre le logiciel et les drones, mais aussi que cet assassinat était évidemment juste le début d’une série d’attaques.

Jacques Attali sait très bien de quoi il parle. Ancien conseiller spécial du président de la République et expert en économie, il connait bien la fragilité de celle-ci et il sait très bien lier l’économie non seulement au progrès technologique mais aussi à la menace globale par des groupes de terroristes. Ainsi, il a créé une histoire complexe comme la réalité.

A début, on songe lire un roman policier plus ou moins typique : un assassinat, plusieurs suspects avec des mobiles diverses – l’argent, le prestige, le pouvoir, même l’amour – et un lieu de crime qui n’offre pas top d’idées à la commissaire. Mais au moment où le président de la République lui-même se mêle, c’est bien clair qu’il y ait beaucoup plus que simplement le meurtre d’un homme d’affaires américain.  Le personnage de Fatima m’a plu beaucoup. D’un côté, elle n’est pas du tout le commissaire ordinaire : homme cinquantenaire, alcoolique ou toxicomane, divorcé avec des enfants qu’il ne voit jamais. Elle, Fatima, est plutôt jeune, s’occupe de ses deux enfants, elle est parfois impulsive et vite enragé, éprouve la concurrence quand une autre femme apparaît et avant tout – elle est amoureuse sans pouvoir vivre cet amour.

L’aspect des drones et des logiciels et de tout ce qui est possible dans notre monde plein de technologie aujourd’hui – c’est vraiment un sujet important et menaçant. On peut bien imaginer une telle histoire se produire en réalité ce qui rend le roman encore plus intéressant. Comme citoyen moyen, on ignore ce qui se passe dans les firmes spécialisées et dans les laboratoires militaires – mais c’est nous qui sont les victimes quand quelque chose échoue.

Margaret Atwood – The Robber Bride

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Margaret Atwood – The Robber Bride

Die Freundinnen Roz, Charis und Tony trauen ihren Augen nicht: die Frau, die gerade das Restaurant betritt, in dem sie ihr monatliches gemeinsames Essen haben, ist doch tot. Sie waren sogar bei ihrer Beerdigung! Aber Zenia, ihre ehemalige Kommilitonin, ist quicklebendig, was nichts Gutes bedeuten kann. Alle drei haben sie ihre Erfahrungen mit der charismatischen Frau gemacht, sind von ihr belogen und betrogen worden und haben alles, was ihnen wertvoll und wichtig war, verloren. Doch wer ist Zenia überhaupt und wo hat sie in den vergangenen Jahren gesteckt?

Margaret Atwoods Roman „The Robber Bride“ wurde bereits 1993 zum ersten Mal veröffentlicht. Es ist eine Geschichte von Verrat, Vertrauensmissbrauch und Hinterlist – aber diese Eigenschaften können nur wirken, wenn ein anderer gutgläubig, vertrauensselig und naiv ist. Die drei Freundinnen werden erst zum Trio durch die gemeinsamen Erlebnisse. Die Erkenntnis, dass sie alle drei auf Zenia hereingefallen sind und ihre Leichtgläubigkeit gnadenlos ausgenutzt wurde, eint sie im finalen Kampf gegen die hinterlistige und gefährliche Frau.

Der Roman beginnt am Ende mit der unerwarteten Begegnung, bevor er in Flashbacks erzählt, was zum Teil Jahrzehnte zuvor geschah. Vieles ist eigentlich recht vorhersehbar, die Manipulationen sind nicht besonders raffiniert, dennoch wirken sie, weil sie im richtigen Moment die richtige Stelle treffen. Menschen können noch so intelligent sein, sie haben ihre verletzlichen Momente und verletzlichen Seiten, die sie anfällig für Betrüger macht.

Margaret Atwood greift einmal mehr auf die urmenschliche Blindheit zurück in ihrer Erzählung. Man sieht nur, was man sehen möchte und verschließt die Augen vor dem Offenkundigen, auch wenn es sich direkt vor einem abspielt. Die drei Frauen lassen sich manipulieren und rennen offenen Augens in ihr Verderben. Man hat nur begrenzt Mitleid mit ihnen, dabei sind sie Zenias Opfer – diese ist durch und durch böse und bietet eigentlich keinen Raum für Sympathien.

Nachdem ich aktuelle Werke von Atwood gelesen hatte, die mich schnell überzeugen konnten, nun etwas älteres und die Erkenntnis, dass es sich lohnt, auch diese näher zu betrachten.

Cathrine McKenzie – The Good Liar

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Catherine McKenzie – The Good Liar

Later, the incident would be called “Triple Ten” – on 10th October at 10 o’clock a Chicago office building is ripped apart by an explosion killing more than 500 people. Cecily becomes the picture of the tragedy because a photograph of her staring at the building in disbelieve was taken as the most striking image to visualize the people’s feeling. She lost her husband in the tragedy, and now she and her two kids are alone. But why was she there, at all, at her husband’s work place, at that time of the day? Another woman’s life is also altered by the event, but Kate has seen it as a chance – and seized it to escape her old life and to leave the country. Now, she is in Canada, observing from across the border what happens at her former home, the place where her husband and her children mourn her death. But a couple of months after the events, things take a different turn and this brings both of them back to the day of the tragedy – and back to the lies they told.

“The Good Liar” is a cleverly constructed mystery novel centred around three women. At the first glance, they seem to be the average wife with an ordinary life. But as soon as you get to look under the surface, you stare into an abyss of lies, of fraud and betrayal. None of them is the pitiable victim, they all contributed to their fate – but who of them is really evil and who just acted out of desperation?

The many twists and turns make you assess the situation anew over and over again. It takes some time to understand the links between the three and then you eagerly start to develop your theories about what had happened before. For some of the characters, this is a bit foreseeable, for others it isn’t and that’s what I liked best.

Catherine McKenzie is a brilliant writer who knows exactly how to pace her story which keeps you read on and on and on to find out what happened actually. And at the same time, you are always asking yourself: what would I have done in her place? A perfect psychological thriller which does not offer any easy black-and-white explanations but points out the different shades of grey.

Bianca Marais – Summ, wenn Du das Lied nicht kennst

Summ wenn du das Lied nicht kennst von Bianca Marais
Bianca Marais – Summ, wenn Du das Lied nicht kennst

Südafrika, 1976. Das Land ist durch die Apartheit klar geteilt, die Rollen der Schwarzen und Weißen unumstößlich festgeschrieben und wenn sich ihre Wege kreuzen, weiß jeder, wo er steht. Doch die kleine Robin muss schon jung miterleben, dass womöglich doch nicht alles in Stein gemeißelt ist. Als ihre Eltern von Schwarzen ermordet werden, kommt sie bei ihrer recht progressiven Tante Edith unter. Diese ist gänzlich ungeeignet, sich um ein Kind zu kümmern und möchte auch ihren Job als Stewardess nicht aufgeben. Eine Lösung finden sie in Beauty, einer schwarzen Lehrerin aus der Transkei, die in Johannesburg nach ihrer Tochter sucht, die sich dem Kampf gegen die Unterdrückung angeschlossen hat. Im Laufe der Zeit lernt Robin, dass es Gut und Böse auf beiden Seiten gibt und dass im Leben nicht die Hautfarbe das Entscheidende ist.

„Summ, wenn du das Lied nicht kennst“ ist ein etwas sperriger Titel, der sich jedoch recht schnell im Roman erklärt. Letztlich ist es das, worum es geht: sich im Leben zu helfen wissen und sich mit der Situation zu arrangieren. Dies ist jedoch im Apartheits-Setting Südafrikas nicht ganz einfach, der Autorin ist jedoch gelungen, eine passende Perspektive zu finden, um die Positionen klar zu machen, ohne sich einseitig gegen die Unterdrückung zu stellen. Durch Robins kindlich-naiven Blick, der Dinge erst einmal als gegeben nimmt, was sie aber nicht daran hindert, sie zu hinterfragen, kann sie umso besser unterstreichen, wie absurd die Vorurteile waren.

Die beiden Protagonistinnen könnten verschiedener nicht sein: nicht nur ihre Hautfarbe trennt sie, auch das Alter und ihre gesellschaftlich zugewiesenen Rollen sollten eigentlich jede Art von Zuneigung verhindern. Doch beide, Robin wie Beauty, sind einfach Menschen, was sich positiv in Bezug auf ihre Freundschaft auswirkt, wie auch negativ, indem sie ihren Emotionen folgen und so Fehler machen. Beide sind auf ihre Art jedoch sympathisch und tragen die Handlung.

Besonders gut gefallen hat mir, dass nicht nur die Unterdrückung der Schwarzen thematisiert wurde, sondern auch Juden und Homosexuelle als Randgruppen und Opfer von Ausgrenzung und Gewalt thematisiert wurden. Selten ist es in einem Unterdrückungsstaat nur eine Minorität, die den Anfeindungen ausgeliefert ist.

Trotz der Ernsthaftigkeit der Geschichte wird diese mit einem lockeren, oft sogar lustigen Ton erzählt, was nur unterstreicht, dass es keinen Sinn macht, den Kopf in den Sand zu stecken, egal wie verzweifelt man ist.

Ein gelungener Roman, der zudem vom Verlag wunderschön gestaltet wurde und so auch optisch richtig etwas hermacht.

Ein herzlicher Dank geht an die Verlagsgruppe Random House für das Rezensionsexemplar. Mehr Informationen zum Titel finden sich auf der Verlagsseite.

Meg Wolitzer – Die Ehefrau

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Meg Wolitzer – Die Ehefrau

Endlich kam der Anruf, nachdem er ihn schon seit Jahren sehnsüchtig erwartet hat: Autor Joe Castelman wird mit dem Helsinki-Preis für Literatur ausgezeichnet. Nicht ganz der Nobel-Preis, aber knapp dahinter. Also begeben er und seine Frau Joan sich in die finnische Hauptstadt. Joan begleitet ihn wie immer, seit über 40 Jahren steht sie an seiner Seite und ermöglicht ihm das Leben als Autor. Ihre eigenen Ambitionen hat sie aufgegeben, ihr Leben, das im College vielversprechend begann, für den Mann und die Kinder geopfert. Doch jetzt soll Schluss sein, sie will endlich wieder frei sein. Sie wird es ihm sagen, sobald die Veranstaltung vorbei ist, wird sie ihm mitteilen, dass sie die Trennung will. In den Stunden bis dahin denkt sie zurück an ihr Kennenlernen, die Reaktionen ihrer Familie auf diese Affäre, die ersten Erfolge, ihre Kinder, Joes unzähligen Seitensprünge, die sie kommentarlos hingenommen hat. Aber das wird jetzt alles ein Ende haben – nur wird dieses Ende anders aussehen als Joan es geplant hatte.

Meg Wolitzers Figuren entstammen einmal mehr dem intellektuellen Ostküstenmilieu, was ihnen die banalen Alltagssorgen erspart und ihnen erlaubt, sich auf die zwischenmenschlichen Probleme zu konzentrieren. In „Die Ehefrau“ wählt sie nun ein zunächst sehr typisches Frauenthema, das jedoch breiter angelegt ist und nicht auf die Rolle in der zweiten Reihe beschränkt wird.

Trotz ihres resoluten Auftretens als Frau jenseits der 60 ist Joan klar, dass sie in jungen Jahren, Ende der 50er und 60er nur sehr begrenzt Möglichkeiten gehabt hätte, selbst literarische Erfolge zu feiern. Alles Talent nutzt nichts, wenn die Gesellschaft eine starke Frau ablehnt und so widerstandsfähig war sie zu diesem Zeitpunkt nicht, dass sie diese Rolle hätte durchhalten können. Ihre Vorwürfe, alles für Joe geopfert zu haben, laufen daher ein wenig ins nichts, was ihr aber auch klar ist. Noch dazu hat sie dieses Leben durchaus freiwillig gewählt und über viele Jahre auch keine Einwände gegen ihren Platz an seiner Seite gehabt. Doch, wann wäre denn tatsächlich der richtige Zeitpunkt gewesen, um aus diesem Leben zu fliehen?

Joans Zwickmühle wird leichtfüßig und mit viel Witz dargestellt und obwohl dies nach einem ehr deprimierenden Rückblick klingt, ist es das Buch so gar nicht, womit Meg Wolitzer die Crux auch recht gut einfängt. Die Frage nach verpassten Chancen und dem was-wäre-gewesen-wenn ist keine spezifisch feminine, aber sehr menschliche. Auch wenn „Die Ehefrau“ nicht ganz an andere Romane von ihr heranreicht, zeigt der Roman doch bereits das enorme Potenzial der Autorin.

David Lagercrantz – Verfolgung

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David Lagercrantz – Verfolgung

Auch wenn es Alternativen gegeben hätte, Lisbeth Salander ist stur genug, um eine Haftstrafe von acht Wochen abzusitzen. Aufgrund ihrer Vorgeschichte landet sie nicht in irgendeinem Gefängnis, sondern in Flodberga, dem Hochsicherheitstrakt für Frauen. Schnell gerät sie dort ins Visier von Benito Andersson, der heimlichen Herrscherin über den Laden. Eigentlich will Lisbeth sich von allem fernhalten, als jedoch ihre Zellennachbarin bedroht wird, mischt sie sich ein – mit entsprechenden Folgen. Dabei hat Lisbeth eigentlich gerade andere Dinge im Kopf, sie scheint der Frage, weshalb ihre Kindheit so verkorkst war, war sie nun einmal war, ein Stück näher gekommen zu sein. Doch das neu erworbene Wissen birgt Gefahren in sich, nicht nur für Lisbeth, sondern vor allem Holger Palmgren muss für Lisbeths Nachforschungen bezahlen: ihr langjähriger Mentor wird ermordet. Doch die junge Frau wäre nicht die, die sie ist, wenn sie sich von so einem Zwischenfall entmutigen lassen würde. Im Gegenteil, jetzt muss sie erst recht handeln.

Nachdem der vierte Band der Millennium Serie leider schon nicht mit den ersten drei geschrieben von Stieg Larsson mithalten konnte, setzt sich dies auch im fünften Band fort. David Lagercrantz hat ein schweres Erbe übernommen, dem er jedoch nicht gerecht werden kann. Zu seiner Verteidigung muss man jedoch sagen, dass – sofern man das erste sehr zähe Dritte überwunden hat – durchaus ein spannender und guter Krimi entstanden ist. Wenn auch keine würdige Fortsetzung.

Am meisten hat mich zu Beginn gestört, dass Lisbeth Salander so gar nicht die Figur ist, wie man sie kennt. Aus der eher zurückgezogenen, defensiven Frau macht Lagercrantz eine aktive Haudrauf-Insassin, die unüberlegt und blind agiert. Das passt in keiner Weise zu der Figur, wie man sie kennengelernt hat. Auch Mikael Blomkvist wird über lange Zeit nur als Aufreißer charakterisiert, das, was ihn eigentlich auszeichnete, kommt erst viel zu spät zum Tragen.

Tatsächlich wird man etwas entlohnt, wenn man nicht vorzeitig aufgibt – das ist aber nicht Sinn und Zweck eines Krimis. Unabhängig von der etwas verunglückten Figurenzeichnung, stehen zwei Krimifälle im Zentrum. Den um die junge Frau aus Bangladesh fand ich etwas zu oberflächlich und bemüht, um mich zu überzeugen; der zweite um Leo Mannheimer hingegen hatte nennenswert mehr Tiefgang und war für die Geschichte auch deutlich besser motiviert. Hier hätte Lagercrantz aber auch etwas mehr die Hintergründe ausbauen können, wie man es beispielsweise im ersten Teil der Millennium Serie sehen konnte.

Fazit: durchwachsen. Sehr schwacher Start, je näher man dem Ende kommt, desto besser wird der Roman allerdings, so dass es im letzten Drittel doch fast ein wenig an die echte Millennium Trilogie anknüpfen kann.