John Fowles – Der Sammler

Fred ist ein einfältiger, junger Mann, der von seiner Tante großgezogen wurde. Er hat kaum Kontakt zu den Mitmenschen und zu Frauen schon gar nicht. Aus der Ferne beobachtet er die hübsche Miranda, ohne sich ihr jedoch zu nähern. Nachdem er im Lotto gewonnen und die Studentin in London einige Tage beobachtet hat, wächst in ihm immer mehr der Wunsch, dass Mädchen zu besitzen und anzusehen – genau so, wie er auch seine Schmetterlinge fängt und betrachtet. Er kauft ein abgelegenes Haus und überfällt Miranda. In seinem Keller sieht sie ihrem Martyrium entgegen. Er behandelt sie gut, gibt ihr ausreichend Nahrung, kommt ihren Wünschen nach, aber sie kann nicht aus ihrem Gefängnis. Sie unternimmt Fluchtversuche, die jedoch alle scheitern. Und dennoch kann sie ihm ein Ultimatum abringen, zu dem er sie freilassen wird. Am letzten Abend ihrer Gefangenschaft überredet sie ihn zu einer kleinen Abschiedsfeier in seinem Wohnzimmer. Als ein Wagen vorbeifährt, sieht sie ihre Chance, doch auch dieser Versuch scheitert. Eine letzte Taktik denkt sich Miranda aus: sie will Fred verführen – und ahnt nicht, dass sie damit das Bild, das er von ihr hat, zerstören wird und dies alles ändert.

Ein Psychothriller der besonderen Art. Die zwei Protagonisten liefern sich einen nervenzerreißenden Kampf mit ihren jeweiligen Mitteln. Fred, der Herr über die Schlüssel und Knebel ist und Miranda, die ihm an Cleverness überlegen ist. Sie ringen miteinander und nie weiß man, wie es endet. Ein Katz und Maus Spiel, in dem der Vorteil stetig wechselt – schlicht: genau das, was man von einem Psychothriller erwartet.

Ann Cleves – Die Nacht der Raben

Shetland Inseln im Winter, alles verschneit. Die Welt steht still. Nur ein paar Raben fliegen umher und bewachen scheinbar das Mädchen mit dem roten Schal. Fran Hunter beobachtet die Szene und denkt zunächst, sie habe ein interessantes Motiv für ihr nächstes Bild gefunden. Bis ihr bewusst wird, dass sie die Leiche der 16-jährigen Catherine gefunden hat. Vor Jahren verschwand bereits einmal ein Mädchen, deren Leiche jedoch nie gefunden wurde. Damals stand der seltsame Eigenbrötler Magnus Tait unter Verdacht, man konnte ihm jedoch nichts nachweisen. Jetzt war er schienbar wieder der letzte, der das Mädchen gesehen hatte. Aber hat er sie auch ermordet?
Ein gruseliger Krimi im schottischen Winter. Die Raben, die an mehreren Stellen wieder auftauchen tragen vor allem zur düsteren und undurchschaubaren Atmosphäre auf der Insel bei. Der Ermittlungen schleppen sich ein wenig hin, was aber bei der Auflösung, die durchaus unerwartet kommt, nicht verwundert. Mehrere Wendungen, immer mehr hinweise, die unterschiedliche Motive darlegen, führen den Leser bzw. Hörer immer auf andere Fährten und ins nichts.

Spannende Unterhaltung für kalte Winterabende. 

F. Scott Fitzgerlad – The Great Gatsby

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F. Sc ott Fitzgerlad – The Great Gatsby
Nick Carraway kommt nach New York, um dort seinen neuen Job anzutreten. Ein kleines Häuschen hat er in der Nähe großer Villen gemietet und so lernt er schon bald seinen Nachbarn kennen, der regelmäßig pompöse Partys gibt: Jay Gatsby. Seine Cousine Daisy und ihr Mann Tom sowie deren Freundin Jordan sind ihm in der ersten Zeit Freunde und lernt durch sie die andere Seite New Yorks kennen: das ausgelassene Partyleben der 20er. Als Gatsby mit einem Wunsch an ihn herantritt, will er diesen gerne erfüllen: er möchte Daisy wiedersehen, seine Liebe aus der Zeit vor dem Krieg. Nick arrangiert das Treffen und löst damit eine Kettenreaktion aus, die in einer Katastrophe endet.
Ein Klassiker der amerikanischen Literatur und des American Dream. Der talentierte junge Mann, der mit Fleiß und innerer Überzeugung den Weg nach oben sucht und sich Geld und Ansehen erarbeitet. Zugleich eine tragische Liebesgeschichte und ein Beispiel für die Zügellosigkeit und Rücksichtslosigkeit der New Yorker Oberschicht der 1920er. Heute nicht weniger aktuell als vor 90 Jahren.
Für mich auch bei x-ten Lesen spannend zu sehen, wie Gatsby sich entwickelt und wie er doch am Ende verliert.

Philippe Pozzo di Borgo – Le second souffle

Philippe Pozzo die Borgo, Spross einer superreichen französisch-italienischen Adelsfamilie lässt in seiner etwas eigenwilligen Biographie sein Leben Revue passieren. Episodenhaft erinnert er sich an seine Kindheit, seine Liebe zu Béatrice, die viele Jahre ihrer Ehe durch den Kampf gegen den Krebs gezeichnet wurde, sein Leben vor und nach dem Unfall, der für ihn als Tetraplegiker endet. Auch schildert er Szenen aus seinem Leben nachdem Abdel seinen Dienst als Pfleger angetreten hat, dies wird jedoch erst in dieser Ausgabe hinzugefügt, vermutlich dem Erfolg des Film geschuldet, denn eigentlich hat die Biographie nur wenig Bezug zu der Handlung, wie sie in „Intouchables“ gezeigt wird.

Das Buch ist interessant und unterhaltsam zu lesen. Man kennt die Familie der Pozzo die Borgo eigentlich kaum, obwohl ihnen große französische Unternehmen wie Pommery gehörten. Seine Erziehung und die etwas eigenwilligen Ansichten des Vaters spiegeln die Zeit der 50er und 60er wieder, die sicherlich auch für Kinder dieser Schicht kein Zuckerschlecken waren. Für mich am beeindruckendsten, wie er und seine erste Frau mit der Krebserkrankung umgehen und wie bedingungslos er für sie da ist. Das ganze kehrt sich dann um, als er bewegungsunfähig und depressiv wird. Die Szenen in den Sanatorien mit all den schwer gezeichneten Mitmenschen, seine immer wiederkehrenden Verzweiflungen sind in seiner Lage mehr als nachvollziehbar. Auch wenn natürlich die Passagen mit Abdel an Unterhaltungswert steigern, waren sie für mich letztlich die weniger interessanten, da sie den Blick von Pozzo di Borgo ablenken, dessen Kampf zurück ins Leben ich bewundernswert und mutmachend empfand.