Carl-Christian Elze – Freudenberg

Carl-Christian Elze – Freudenberg

Der 17-jährige Maik Freudenberg hat gerade die Hauptschule beendet. Bevor der Ernst des Lebens losgeht, fährt er nochmals mit den Eltern in den Ostseeurlaub. Sein Leben, bis dato immer fremdbestimmt und völlig an seinen Träumen vorbei, hat wenig Lebenswertes. Als er am Strand die Leiche eines jungen Mannes findet, sieht er seine Chance auszubrechen und neu zu beginnen. Er nimmt die Identität des Fremden an und flüchtet. Doch bald schon muss er erkennen, dass die neu gewonnene Freiheit nicht hält, was sie zu versprechen schien.

Der Autor Carl-Christian Elze war mir bis zur Nominierung auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2022 gänzlich unbekannt, was daran liegen mag, dass er scheinbar überwiegend Erzählungen und Lyrik veröffentlichte, Genres, in denen ich weniger zu Hause bin. „Freudenberg“ reiht sich für mich in die Riege jener für den Buchpreis nominierten Romane ein, die im besten Sinne sperrig sind und sich linearer Erzählung verweigern. Das Abweichen von gängigen Mustern ist immer mutig, kann restlos begeistern oder auch gänzlich am Leser vorbeigehen. Leider ist mir letzteres bei diesem Text passiert. Nach starkem Anfang hat er mich leider irgendwann verloren.

Schon zu Beginn irritiert, dass der Protagonist nur beim Nachnamen genannt wird, was eine Distanz zu ihm aufbaut und in Anbetracht seines Alters eher seltsam wirkt. Sein Verhältnis zu den Eltern, ebenso wie zu dem anstehenden neuen Lebensabschnitt wirkt schwierig und problembeladen, ist jedoch in sich stimmig. Das Auffinden des toten Marek bietet plötzlich unerwartete Möglichkeiten und der zurückhaltende junge Mann wird aktiv und übernimmt die Regie über sein Leben.

Dass der erhoffte Befreiungsschlag ausbleibt, ist durchaus realistisch, aber leider entfaltet sich die Figur für mein Empfinden an dieser schicksalhaften Stelle nicht. Womöglich kann er es nicht, wollte er zu hoch fliegen, doch durch die große Distanz, die der Autor zwischen Figur und Leser bereits geschaffen hat, weckt er bei mit keine Emotion, kein Mitgefühl, sondern verliert er mich kurz danach. Dass die Figur letztlich psychisch schwach ist, ist nicht das Problem, sondern dass die nun entstehenden Sprünge und Mischung von fiktionaler Realität und Phantastik einem immer weiter von der Geschichte entfernt und dadurch genau das nicht leistet, was gute Literatur vermag: einen Leser temporär in eine andere Haut schlüpfen lassen.

Positiv beschrieben ein eigenwilliger und unkonventioneller Roman, der sicherlich auch seine Leser findet und begeistern kann, mich konnte er leider nicht erreichen.