Matthew Weiner – Alles über Heather

Alles ueber Heather von Matthew Weiner
Matthew Weiner – Alles über Heather

Mark Breakstone ist eher unscheinbar, aber seine analytischen Fähigkeiten werden ihm irgendwann ein großes Einkommen bescheren – wenn er ansonsten schon für seine Eltern eine Enttäuschung war, da er so gar nicht ihren Wünschen entsprach. Karen hat immer von einer Karriere im Literaturbetrieb geträumt, hängt jetzt aber im PR fest und als Freunde ihr ein Date mit Mark vermitteln, erwartet sie nicht viel. Doch die beiden sind pragmatisch und eine Vereinigung erscheint sinnvoll. Heather ist das Ergebnis ihrer Liebe und das Kind ist in jeder Hinsicht perfekt: hübsch und charismatisch wickelt sie vom ersten Tag an alle um den Finger, dazu ist sie einfühlsam und aufmerksam, will niemanden verletzten. Mit Marks Karriere geht es voran, wenn auch nicht ganz so glanzvoll wie gewünscht, aber allein das Dasein Heathers und die Wohnung im teuersten Postleitzahlenbezirk von New York sind schon repräsentativ genug. Doch es droht Unheil in Form von Bobby Klasky, Sohn einer Drogensüchtigen und Ex-Knacki, der als Bauarbeiter in das vornehme Haus der Breakstones kommt und dem die Teenager-Tochter auch direkt ins Auge fällt.

Matthew Weiner hat sich als Schöpfer der Serie „Mad Men“ bereits einen Namen gemacht, bevor er mit „Alles über Heather“ nun seinen ersten Roman verfasste. Die Erwartungen waren naturgemäß hoch, für mein Empfinden konnte Weiner sie erfüllen und mit Ulrich Matthes als Vorleser konnte ohnehin nur wenig schiefgehen.

Der Autor lässt zwei Geschichten des gegenwärtigen Amerika parallel verlaufen, die unterschiedlicher kaum sein könnten und dennoch im selben Land geschehen: einerseits der Mikrokosmus der New Yorker Upper Class mit ihren eigenen Regeln und dem aufrechtzuerhaltenden schönen Schein nach außen, während hinter der Fassade langsam alles zu bröckeln beginnt. Die erfolgreiche und hübsche Tochter, die als Projektionsfläche der elterlichen Träume und Wünsche fungieren muss und in der gleichzeitig auch deren größten Ängste zentriert sind. Dagegen die drogenabhängige Mutter Bobbys, die nicht einmal weiß, wer der Vater ihres Sohnes ist, da einfach zu viele in Frage kommen, die weder das Potenzial des Kindes erkennt, noch die geringste Anstrengung auf ein geregeltes Leben unternimmt. So kommt es wie es kommen muss, Bobby gerät auf die schiefe Bahn und einmal im wahrsten Sinne des Wortes Blut geleckt, kann er seine Triebe nur schwer kontrollieren. Es ist abzusehen, dass sich die Wege kreuzen müssen und eine Katastrophe sich anbahnt.

Der Roman scheint ein eindeutiges Schwarz und Weiß zu kennen, doch so einfach ist es nicht. Bobbys Familiengeschichte erklärt seine Entwicklung, man kann Mitleid mit ihm haben, zum Teil sogar bewundern, dass er nicht schon viel früher in Schlimmeres verwickelt war und sich doch immer wieder selbst auf den richtigen Weg gebracht hat. Er ist ein Soziopath, ohne Frage, aber vielschichtiger als zunächst vermutet. Auch die Breakstones sind keineswegs so oberflächlich und eindimensional, wie dies der Schein vermuten ließe. Was alle gemeinsam haben, ist eine tiefe Enttäuschung vom Leben, wirklich glücklich ist niemand, weder am oberen noch am unteren Ende der Gesellschaft.

Der Roman ist Abbild und Analyse der USA unter Trump. Der Rückzug ins Private, die Konzentration auf das unmittelbare Lebensumfeld und das Ausblenden der Wirklichkeit darüber hinaus. Doch dieser Kokon hat eine fragile Außenschicht, was ihn verletzlich und zerbrechlich macht und schutzlos der bösen Außenwelt ausliefert.

Laura van den Berg – The Third Hotel

laura-van-den-berg-the-third-hotel
Laura van den Berg – The Third Hotel

Clara travels to Havana, Cuba, to attend a film festival. She is there on professional terms she tells the people, but actually, she works as a sales representative for ThyssenKrupp. She watches a horror movie, Revolución Zombi, due to its renowned director and she is looking for Richard – her lately deceased husband who was actually working on film. During her endless search, memories come up, the last days together with Richard before he was killed in an accident, their wedding day, her childhood when her parents owned a hotel in Florida that she roamed like a ghost.

Just as Clare wanders the streets of Havana, so do her thoughts and the reader accompanies her in her search which will lead to nothing – quite the contrary, the longer she roams, the more she herself seems to get lost. At times, she is self-conscious, understands exactly what is going on, that her mind is in exceptional circumstances due to the loss she has just experienced, but then again, she is talking to Richard as if he stood right next to her.

“The Third Hotel” – the name Clara gives her accommodation in Havana since twice before the taxi driver had taken her to the wrong one – is a psychological study in what can happen to a person whose life is turned upside down. Even the simplest things become obstacles hard to overcome:

“What was she doing in Havana? A simple question and yet she could not find a simple answer.”

Clare experiences as she calls it a “dislocation from reality”. There are phone calls when the phone never rings, there are people at the other end of the line that could be herself – she is lost in a parallel world that collides with other peoples’ reality but then again, there are walls that clearly separate those two spaces. Towards the end, a short dialogue perfectly sums up how Clare feels:

“What doesn’t kill you makes you stronger, Clare said, with bitterness.

What doesn’t kill you leaves you alive, Richard countered. (…)

What doesn’t kill you only leaves you feeling broken and insane.”

She is not herself anymore, just like her father who also suffered metal degeneration, she at times cannot differentiate between what’s real and what’s imagined anymore.

The strongest parts of the novel are the descriptions, Laura van den Berg has an eye for the detail and particularly for the sensory aspects. Her protagonist might be gone mad, but her feelings are real. Apart from this, I liked the travel metaphors a lot. The characters are constantly moving in the novel, everybody is travelling, alone in a group, going here and there, on trains, buses, airplanes – yet, does anybody every arrive? Figuratively, aren’t we all relentlessly roaming and searching for our self, not knowing if we ever arrive?