Anna Karolina – Auf Tod komm raus

Anna Karolina – Auf Tod komm raus

Nicolas Moretti und seine Zwillingsschwester Jasmine wollen eigentlich nur gemeinsam Weihnachten fern der Familie feiern. In einer Kneipe kommt es jedoch zu einer Auseinandersetzung, als sie sich auf der Toilette Kokain ziehen. Die Geschwister fliehen, der Angreifer verfolgt sie jedoch. In Jasmines Wohnung fühlen sie sich sicher und werfen auch gleich noch weitere Tabletten ein. Am nächsten Morgen erwacht Nicolas, neben ihm seine blutverschmierte Schwester, die in der Nacht brutal ermordet wurde – und er hat nichts davon mitbekommen. Oder ist er gar der Täter? Erinnern kann er sich an nichts. Seine Strafverteidigerin Angela Köhler beauftragt die ehemalige Polizistin Ebba Tapper damit, Beweise für Nicolas‘ Unschuld zu finden, denn die Polizei hat sich sofort auf ihn eingeschossen und ermittelt gar nicht mehr erst in andere Richtungen. Ebba ist eine außergewöhnliche Ermittlerin, allerdings wird ihr Verstand durch den hohen Alkoholkonsum immer wieder böse getrübt.

Die schwedische Autorin Anna Karolina ist mir bereits aus einer Zusammenarbeit mit Mons Kallentoft in der Zack Herry Reihe bekannt, weshalb ich neugierig auf ihren neuen Krimi wurde. Die ehemalige Polizistin eröffnet mit „Auf Tod komm raus“ die Reihe um Ebba Tapper, im Original ist bereits ein zweiter Teil gefolgt. Der Krimi ist von der ersten Seite an spannend konstruiert und bietet zahlreiche unerwartete Wendungen, die die Figuren immer wieder in neuem Licht erscheinen lassen und den Leser auf mehr als eine falsche Fährte schicken. Nordic Crime in Bestform.

Die Handlung spielt sich zwischen dem Verdächtigen Nicolas, der Anwältin Angela und der Privatermittlerin Ebba ab. Alle drei Figuren haben eine Vergangenheit und alle drei haben Geheimnisse, die sie lieber nicht preisgeben wollen. Der ehemals erfolgreiche Fußballer ist nicht ehrlich zu seinen Verteidigerinnen und verheimlicht etwas, das im Zusammenhang mit seiner und Jasmines Familie stehen muss. Sein unkontrollierter Drogenkonsum könnte jedoch auch dazu geführt haben, dass er tatsächlich im Wahn zum Mörder wurde, schließlich war die Wohnungstür verschlossen und andere Spuren finden sich in der Wohnung nicht.

Dass Ebbas frühere Kollegen nicht gut auf sie zu sprechen sind, offenbart sich recht schnell, doch der Grund hierfür bleibt zunächst im Dunkeln. Dass sie ihren Alkoholkonsum nicht im Griff hat und dies zu so manchem Ausfall und Erinnerungslücken führt, ist auch der Sache nicht immer dienlich. Doch sie hat ein untrügliches Gespür und ist hartnäckig und bisweilen auch einfach dreist, um ihr Ziel zu erreichen. Als Sympathieträgerin taugt sie nur bedingt, aber sie hat das Herz am rechten Fleck und sucht nach der Wahrheit und Gerechtigkeit.

Angela Köhler taucht immer wieder am Rande auf, sie beauftragt Ebba und man fragt sich mehr als einmal, weshalb sie sich so bedingungslos vor sie stellt. Ihre dunkle Seite versteckt sie lange Zeit, doch sie hätte damit rechnen können, dass Ebba hinter ihre Fassade blicken wird und die Abgründe erkennt, die dort versteckt sind.

Eine souverän konstruierte Geschichte, die überraschen kann und von den sehr eigenen Figuren lebt, die Lust auf weitere Bände der Reihe machen.

Alexander Oetker – Zara und Zoë – Tödliche Zwillinge

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Alexander Oetker – Zara und Zoë – Tödliche Zwillinge

Zweiter Einsatz für die ungleichen Schwestern. Endlich ist es Europol gelungen, einen Islamisten für sich zu gewinnen und so Zugang zu den Führern und ihren Anschlagsplänen zu bekommen. Doch der Informant scheint in Marokko, unweit der spanischen Enklave Melilla festzusitzen und womöglich ist er auch schon enttarnt. Profilerin Zara von Hardenberg muss handeln und viel Zeit bleibt nicht. Doch der Job ist unmöglich legal zu erledigen, den kann nur eine übernehmen: ihre Schwester Zoë. Diese wollte sich eigentlich nach dem letzten Einsatz zurückziehen, doch ihre eigene Organisation wird bedroht. Dem alten Mafiaboss Bolatelli laufen die Handlanger weg, denn die Al-Hamsi Brüder zahlen schlichtweg besser. Einmal mehr tauschen die Schwestern die Rollen, doch dieses Mal mit ungewissem Ausgang.

Auch im zweiten Band um die Europol-Ermittlerin und ihre Mafia-Schwester ist das Erzähltempo hoch und Bandbreite an Verbrechen und Gewalt kennt kaum eine Grenze. Oetker greift dabei auf aktuelle Bedrohungen zurück: die Angst vor islamistischem Terror hält Europa nach wie vor gefangen, ebenso sind mafiöse Strukturen im französisch-italienischen Grenzgebiet mit Korruption bis zu höchsten Ämtern kein Geheimnis.

Auch wenn ich den Rollentausch etwas bemüht finde, hat mich auch dieser Fall unmittelbar gepackt, so dass er innerhalb kürzester Zeit gelesen war. So verschieden die Schwestern, so unterschiedlich die Wahl der Mittel, besonders Zoë, die sich an kein Gesetzt gebunden sieht, folgt nur ihrem Instinkt (und entwickelt dabei geradezu übermenschliche Fähigkeiten, die dürften für meinen Geschmack etwas näher an der Realität bleiben). Gut gefallen hat mir, wie beiden besonders vom Schicksal der Frauen getroffen waren, trotz all der Härte, die beide mitbringen, bleiben sie so menschlich. Das Ende legt nahe, dass dies nicht ihr letzter Streich gewesen sein kann, man darf gespannt sein, wie sie mit der sich nun bietenden neuen Situation umgehen.

Insgesamt eine routiniert erzählte Geschichte mit viel Action und nicht allzu viel Tiefgang, genau das Maß Unterhaltung, was man gerne mal liest.

Alexander Oetker – Zara & Zoë: Rache in Marseille

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Alexander Oetker – Zara & Zoë: Rache in Marseille

Ein komplizierter Fall lässt die beiden Europol Kommissare Zara von Hardenberg und ihren Kollegen Per Isaakson in Zaras provenzalische Heimat kommen. Der Tod eines Mädchens ist verdächtig und Zara spürt, dass ein großer Anschlag kurz bevorsteht. Die Ermittlungen kommen nur schwer voran, die Polizei von Marseille ist offenbar tief korrupt und in der Cité ist ohnehin niemand bereit, mit den Ermittlern zu kooperieren. Zara bleibt keine Wahl, sie muss das tun, was sie immer vermeiden wollte: sie muss ihre Schwester um Hilfe bitten. Nur Zoë kann herausfinden, was bevorsteht, denn im Gegensatz zu Zara hat sie ganz andere Möglichkeiten. Zoë nicht irgendwer, sie ist die Königin der Mafia, die die Drogengeschäfte und Waffenlieferungen kontrolliert und der sich niemand in den Weg stellt. Nach vielen Jahren ohne Kontakt stehen sich die Zwillinge nun wieder gegenüber – aber dieses Mal gemeinsam im Kampf.

Alexander Oetker kennt als ehemaliger politischer Korrespondent das schwierige Pflaster von Marseille, der französischen Stadt, die lange Zeit im Ruf stand, rein von Mafiabanden kontrolliert zu werden und wo sich Polizisten selbst bewaffnet nicht in manche Stadtviertel wagten. Der ideale Schauplatz für einen Thriller, der die eskalierende Gewalt und Kriminalität ins Zentrum stellt.

Die Handlung hat ein enorm hohes Tempo und ist insgesamt sauber und überzeugend konstruiert. Die verfeindeten Banden, die den finalen Kampf ums Revier vorbereiten, dazu die nach den zahlreichen Attentaten in Frankreich aufgeheizte Stimmung – all das wird geschickt genutzt und lässt den Fall authentisch wirken. Stärker noch als die Geschehnisse reizt das ungleiche Schwesternpaar. Zwar etwas klischeehaft gezeichnet – Zara die fleißige und gute Tochter, die einen Job bei den Strafverfolgungsbehörden annimmt einerseits, andererseits die wilde Zoë, die schon früh den Reiz der illegalen Geschäfte erkennt und rasch in der Mafia aufsteigt – gibt ihr doppeltes Spiel doch der Geschichte eine ganz eigene Note.

Rundherum ein überzeugender Thriller, der hoffentlich als Auftakt einer Serie weitere so überzeugende und unterhaltsame Bände folgen lässt.