
In Zeiten von Corona, wenn es globale Reisewarnungen gibt und der Sommerurlaub, wie man ihn kennt, in weite Ferne rückt, muss man die Option, die vermeintlich schönsten Tage des Jahres daheim zu verbringen, ernsthaft in Betracht ziehen. Statt Reiseführer für die Zieldestination, dann eben die „Gebrauchsanweisung fürs Daheimbleiben“ von Harriet Köhler. Nach einer Einführung, weshalb man zur Abwechslung mal Urlaub im eigenen Heim machen sollte – unabhängig von Corona, das Buch wurde schon vor Ausbruch der Pandemie veröffentlicht – gibt die Autorin in 14 Kapiteln Anregungen, was man in zwei Wochen so alles tun könnte, um sich auch im bekannten Terrain zu erholen.
Umweltverschmutzung, Klimawandel, absurd überlaufene Städte wie Dubrovnik, die ein Vielfaches ihrer Einwohnerzahl jährlich an Touristen empfangen, und ein Nachdenken über den dekadenten Lebensstil des durchschnittlichen Mitteleuropäers sind ohne Frage valide Gründe, von einer Flugreise oder Kreuzfahrt abzusehen. Neben nachvollziehbaren Argumenten liefert die Autorin auch einen kurzen historischen Abriss über das Reisen selbst, was zu Erholungs- und vor allem Vergnügungszwecken tatsächlich eine recht junge Erfindung ist. Die positiven Aspekte der Erkundung fremder Kulturen und Länder ebenso wie das unbändige Gefühl von Fernweh unterschlägt sie dabei nicht, so dass am Ende doch eher ein Unentschieden bei den Überlegungen herauskommt.
Die Ideen, wie man die Zeit zu Hause verbringen könnte, sind weitgehend unspektakulär, was sie aber auch leicht umsetzbar macht. Sie reichen von offline Zeiten über mittägliche Restaurantbesuche oder Übernachtungen in einem Hotel in der eigenen Stadt bis hin zur Erkundung der ganz unmittelbaren Umgebung der eigenen Wohnung und der Nachbarschaft. Vieles muss man gar nicht auf den Urlaub verschieben, sondern könnte es als Ausbruch aus dem Alltag jederzeit in Angriff nehmen und die positiven Effekte eines Tages im Grünen auf die psychische Gesundheit sind inzwischen reichlich belegt.
Das Buch liest sich unterhaltsam, der anekdotenhafte Schreibstil gestaltet die Lektüre informativ und locker zugleich. Ob dies jedoch ein adäquater Ersatz für eine sehnsuchtsvoll erwartete Reise sein kann, bleibt zu bezweifeln, wobei die Autorin mich aber an einem Punkt wirklich gepackt hat: oftmals ist die Freude auf eine Reise mindestens genauso groß wie das Reisevergnügen selbst. Vielleicht sollte man 2020 dann einfach nutzen all die Reisen zu planen, die man zwar nicht jetzt, aber später, womöglich aber auch nie, machen wird. Schon das Betrachten von Bildern und das Lesen über fremde Länder bieten zumindest gedanklich eine Möglichkeit der Alltagsflucht.