Louis Begley – Killer’s Choice

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Louis Begley – Killer’s Choice

Jack Dana dachte nach den Ereignissen in der Vergangenheit nun endlich mit Heidi ein ruhiges Leben führen zu können, sein Erzfeind Abner Brown ist tot und stellt keine Bedrohung mehr da. Doch dann erhält er einen verstörenden Telefonanruf und muss live mit anhören, wie sein Freund Simon Lathrop und dessen Frau grausam gefoltert und ermordet werden. Kurz danach die zweite Nachricht auf seinem Laptop: offenbar ist Abner Brown zurück – doch das ist unmöglich! Brown ist tot wie man es nur sein kann, aber wer sonst wählt einen solchen Duktus und hegt einen unbändigen Groll und Rachegelüste gegen ihn? Dass es nicht nur bei verbalen Drohungen bleibt, muss Jack Dana bald erkennen und ebenso, dass auch seine Lebensgefährtin und deren Familie in größter Gefahr schweben. Das grausame Spiel ist eröffnet, die Frage ist nur, wer in diesem speziellen Pokerspiel – „Killer’s Choice“ in Anlehnung an die Variante „Dealer’s Choice“, bei der der Spieler am Zug die Regeln bestimmt – am Ende die besseren Karten hat.

Louis Begley’s dritter Roman um den ehemaligen US Marine und Autor Jack Dana knüpft nahtlos an die Vorgänger an. Wie gewohnt auch die kritischen Seitenhiebe auf das amerikanische Rechts- und Ordnungssystem und nun vor allem auch auf den aktuellen Präsidenten. Dem eigentlichen Protagonisten stehlen aber zwei anderen Figuren beinahe die Show: sein chinesischer Diener/Freund/Leibwächter Feng und die französische Bulldogge Satan, deren stoische Gelassenheit man so manchem Menschen wünschen würde.

Die Erzählstimme des Elitesoldaten ist Begley wieder sehr überzeugend gelungen. Schnörkellos und effizient erzählt Jack Dana von den Begebenheiten, selbst wenn er von Heidi spricht, bleibt er in recht neutralem Ton, obwohl er bereit ist, sein Leben für sie zu riskieren. Fraglos wirkt aber auch der Abschluss der Trilogie etwas aus der Zeit gefallen und folgt nicht den Regeln der heute gängigen Kriminalgeschichten. Es mag Begleys Alter (geboren 1933) geschuldet sein oder auch seiner späten Karriere als Autor, die erst in den 1990er begann, dass er mich weitaus mehr an einen Raymond Chandler oder einen Dashiell Hammett mit ihren hard-boiled Detektivromanen erinnert. Auch wenn im dritten Band moderne Technologie eine Rolle spielt, bleibt im Zentrum doch der weitgehend auf sich gestellte Ermittler, der dem organisierten Verbrechen und dem korrupten System, das sich bis ganz nach oben in der Politik zieht, weitgehend einsam gegenüberstehen sieht. Zynisch geworden ist auch Jack Dana, der einst dem Land bedingungslos diente, das er jetzt nicht mehr erkennt:

„Ich bin nicht in den Krieg gezogen, um Amerika wieder großartig zu machen – ich fand es großartig genug. Ich wollte, dass Amerika wieder anständig würde, wieder ein Land, das armen Schluckern eine faire Chance gibt und sich um die Schwachen und Bedürftigen kümmert.“ (S. 14)

„Killer’s Choice“ reicht nicht ganz an den großartigen ersten Teil heran, dafür ist mir das Auftauchen des aktuellen Gegners nicht überzeugend genug motiviert und die Handlung doch etwas zu schematisch und voraussehbar. Dafür liefert Begley einen Roman in guter amerikanischer Tradition, die er überzeugend ins neue Jahrtausend führte.

Ein herzlicher Dank geht an den Suhrkamp Verlag für das Rezensionsexemplar. mehr Informationen zu Autor und Titel finden sich auf der Verlagsseite.

Alafair Burke – The Wife

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Alafair Burke – The Wife

Nach einer schrecklichen Entführung in ihrer Jugend scheint Angela endlich das zauberhafte Leben führen zu können, von dem sie in ihrer ärmlichen Kindheit immer geträumt hat. An der Seite des Wirtschaftsprofessors und erfolgreichen Beraters Jason Powell verbringen sie und ihr Sohn Spencer sorgenlose Tage – bis eine Praktikanten unglaubliche Anschuldigungen erhebt: Jason habe sie sexuell belästigt. Dieser streitet den Vorfall ab und misst ihm keine große Bedeutung bei. Bis eine weitere Frau auf den Plan tritt und Vergewaltigungsvorwürfe erhebt. Dieses Mal scheint die Beweislage eindeutiger, aber Angela hält zu ihrem Mann. Sie kann und will nicht glauben, was die Frauen behaupten, vor allem, weil diese scheinbar auch die Gelegenheit nutzen möchten, mit einer geschickten Erpressung Nutzen aus der Situation zu ziehen. Je länger sich die Affäre hinzieht und je mehr Details über Jason an die Öffentlichkeit geraten, desto mehr wachsen auch Zweifel in Angela, wichtiger jedoch als dieser Fall ist ihr noch etwas gänzlich anderes, das sie vor der reißerischen presse schützen muss.

Alafair Burke wählt ein Szenario, das viel Spannung verspricht und Potenzial für zahlreiche Verwicklungen und Wendungen hat, jedoch auch bereits mehrfach als Basiskonzeption gewählt wurde. Im Vergleich zu ähnlichen Stories konnte mich die Autorin nicht ganz überzeugen, was vor allem an der Protagonistin lag, die für mich etwas zu diffus blieb und mich nicht wirklich für sie einnehmen konnte.

Der Spannungsaufbau kann überzeugen, immer weiter zieht sich die Schlinge um den untreuen Gatten, immer mehr Enthüllungen lassen ihn in einem immer schlechteren Licht erscheinen. Auch wenn einem die Mutmaßungen, dass die Frauen geschickt seine Lage nutzen möchten, um sich selbst zu bereichern, glaubwürdig ist, kommt er doch nicht auch ganz schadlos aus der Nummer heraus. Aufgrund der gewählten Erzählperspektive bleiben bei Jason Lücken, so dass man nicht sicher sein kann, wie weit er gehen würde und ob man seinen Aussagen trauen kann. Da man sich als Leser immer auf Angelas Seite befindet und sie das offenkundig wahre Opfer ist – gleich in mehrfacher Hinsicht – ist man geneigt, für sie eher Sympathie zu empfinden und ihr Glauben zu schenken. Leider lässt sich dies nicht lange genug aufrechterhalten und man kann daher die letztlichen Entwicklungen schon bald sehr deutlich vorhersehen.

Insgesamt überzeugender Plot, der jedoch für mich im Detail bei der Figurengestaltung etwas schwächelt und leider im letzten Drittel zu vorhersehbar wird und dadurch an Spannung verliert. Daher das Fazit: solide Unterhaltung, die aber noch steigerungsfähig gewesen wäre.

Chip Cheek – Tage in Cape May

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Chip Cheek – Tage in Cape May

Henry und Effie sind noch sehr jung als sie 1957 heiraten. Sie sind jedoch nicht nur jung, sondern auch unerfahren und müssen sich in ihren Flitterwochen fernab der Südstaatenheimat erst als Mann und Frau kennenlernen. Das verschlafene Urlaubsstädtchen Cape May ist ihr Ziel, doch im Herbst ist der Ort fast ausgestorben und die ersten Tage bestehen nur aus ihnen beiden. Mit der Ankunft von Clara und ihren glamourösen New Yorker Freunden ändert sich alles und aus der beschaulichen Ruhe wird eine aufreizende Unruhe, die Henry und Effie gleichermaßen ergreift. Sie sind fasziniert von diesen Menschen, die einen so anderen Lebensstil als sie beide pflegen, doch die Faszination droht Überhand zu nehmen und sie in den Abgrund zu stürzen.

Chip Cheeks Debütroman überzeugt für mich vor allem durch das authentische Zeitgefühl, das er erweckt. Keinen Moment zweifelt man daran, sich Ende der 1950er Jahre zu befinden und kann so auch leicht diesen Zauber nachvollziehen, den die ausschweifenden Partys der New Yorker auf die beiden Jugendlichen vom Land haben. Das Buch besticht vor allem durch die Atmosphäre und des Ortes, der quasi ausgestorben ist und es der Handlung so ermöglicht, sich ganz auf die kleine Gruppe zu konzentrieren.

Im Zentrum steht die Frage danach, was die Liebe eigentlich ausmacht. Man ist zunächst verwundert, dass Effie und Henry zueinander gefunden haben, zu unterschiedlich scheinen sie beide in Herkunft und Vorstellungen vom Leben zu sein. Doch nach und nach zeigt sich, dass sie, je näher sie sich kommen, sie immer mehr zu sich ergänzenden Partnern werden, die lediglich noch lernen müssen, als Paar zu funktionieren. Diese Idylle wird durch Henrys Faszination für die junge Alma gefährdet und nun beginnt der Roman nicht nur psychologisch spannend zu werden – wie kann der junge, frisch verheiratete Mann mit der Verwirrung seiner Gefühle umgehen? – sondern auch die anderen Facetten von Liebe zu beleuchten.

„Wir lieben uns, wir mögen uns nur nicht besonders.“

So beschreiben sie am Ende ihre Zweisamkeit. Ihre Vorstellungen von Liebe und Ehe werden schon ganz zu Beginn auf eine schwere Probe gestellt. Damit fängt Chip Cheek nicht nur die Zerrissenheit der Figuren, sondern auch den Umbruch der Zeit glaubwürdig ein. Der Roman ist Anfang und Ende zugleich, rauschend und intensiv, voller widersprüchlicher Emotionen – wie eben große Umwerfungen sind.

Ein herzlicher Dank geht an das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar. Mehr Informationen zu Autor und Buch finden sich auf der Internetseite der Verlagsgruppe Random House.