Agatha Christie – Der blaue Express

Agatha Christie – Der blaue Express

Nachdem Katherine Grey unerwartet zu einer Erbschaft gekommen ist und sich sogleich die gierige Verwandtschaft meldet, verlässt das englische Dorf St Mary Mead, um mit dem „Blauen Express“ an die Côte d’Azur zu fahren. In eben diesem macht sie zunächst die Bekanntschaft mit Ruth Kettering, Tochter des amerikanischen Millionärs Rufus Van Aldin, die sich heimlich mit ihrer großen Liebe verabredet hat, nachdem ihre Ehe auf eine Scheidung zusteuert. Auch einen sympathischen älteren Herrn lernt Katherine im Speisewagen kennen, mit dem sie die Leidenschaft für Kriminalgeschichten teilt. Als der Zug in Lyon hält, wird eine furchtbare Entdeckung gemacht: Ruth wurde ermordet. Verdächtige gibt es gleich mehrere, ihr mysteriöser Liebhaber ebenso wie ihr Gatte, dem der Tod seiner Frau mehr als gelegen kommt und der zufälligerweise ebenfalls an Bord des Zugs war. Für die französische Polizei ist es ein Glücksfall, dass Hercule Poirot ebenfalls genau jenen Express nahm und gerne bereit ist, bei den Ermittlungen zu unterstützen.

Die diesjährige Read Christie Challenge hat mit zu Hercule Poirots sechstem Fall geführt, da die März Aufgabe darin bestand, einen Roman zu lesen, den die Grand Dame of Crime im Ausland geschrieben hat. „Der blaue Express“ wurde 1927 auf den Kanarischen Inseln verfasst, nachdem Christie im Jahr zuvor ihre Mutter verloren hatte, die Untreue ihres Ehemanns entdeckte und selbst auf mysteriöse Weise zehn Tage verschwunden war. All diese belastenden Erfahrungen haben sie jedoch zum Schreiben zurückgeführt und eine klassische Locked Room Geschichte mit reicher Erbin, heimlichen Liebschaften und begehrten Juwelen hervorgebracht.

Setting wie auch Lösung des Falls folgen den bekannten Mustern der Kriminalromane Christies. Die Lösung scheint zunächst auf der Hand zu liegen und doch hat der clevere belgische Meisterdetektiv Zweifel. Menschenkenntnis und scharfe Beobachtung führen letztlich dazu, dass Puzzleteil für Puzzleteil an seinen Platz findet. Zum ersten Mal begegnet man als Leser den Örtchen St. Mary Mead, das später zur Heimat von Miss Marple und Schauplatz von „Mord im Pfarrhaus“ werden wird.

Von den Kritikern mit sehr unterschiedlichen Meinungen aufgenommen hat mir der Krimi besser als viele andere Poirot Romane gefallen, da Christie hier bei der zentralen Handlung bleibt und auf abschweifende Nebenstränge verzichtet.

Guillaume Musso – Parce que je t’aime [Weil ich dich liebe]

Guillaume Musso – Parce que je t’aime

Nachdem ihre 5-jährige Tochter Layla in einem Einkaufszentrum verschwunden ist, bricht die Ehe von Mark und seiner Frau auseinander. Der Vater ist verzweifelt und landet nach Jahren der vergeblichen Suche schließlich auf der Straße. Doch auf den Tag fünf Jahre nach ihrem Verschwinden taucht sie wieder auf, Mark fliegt nach LA, um sie abzuholen, überglücklich ist der Psychologe auf dem Rückflug, wo er auf zwei Frauen trifft, die ebenfalls schwere Schläge hinter sich haben, die sie aus dem Leben geworfen haben: die reiche Erbin Alyson hadert damit, dass sie bei einem Unfall ein Kind getötet hat, die noch junge Evie hat ihre Mutter wegen eines Ärztebetrugs verloren und sinnt auf Rache. Lange Gespräche entspinnen sich zwischen den drei Schicksalsgenossen, doch als sie an ihrer Destination ankommen, erleben sie ein unerwartetes Erwachen.

Guillaume Musso gehört zu den Autoren, die mir seit langem namentlich bekannt sind, von denen ich jedoch bislang nichts gelesen hatte. Dem Titel nach dachte ich erst, es handele sich um eine seichte Liebesgeschichte, der Hinweis Krimi hat mich dann doch neugierig gemacht und in der Tat erwartet einem eine spannende und vor allem sehr unerwartete Handlung. Im Wesentlichen spielt sich diese im Flugzeug ab, die Erinnerungen der Figuren führen jedoch immer wieder in die Vergangenheit und legen so nicht geahnte Verbindungen offen.

Alle Figuren verhalten sich auf individuelle Weise seltsam, man kann es zunächst nicht einfach einordnen, woran das liegt, auch die Verbindung bleibt lange Zeit nicht nachvollziehbar. Erst am Ende löst sich das Mysterium und der Autor liefert eine stimmige, wenn auch nur begrenzt authentische Erklärung, wobei letzteres der Unterhaltung keinen Abbruch tut. Mit den ganz unterschiedlichen Lebensgeschichten konnte mich Musso eher packen als mit dem Spannungsaspekt. Insgesamt eine überzeugende und ansprechende Lektüre, die Interesse an den anderen Romanen des Autors weckt.