Erika L. Sánchez – I Am Not Your Perfect Mexican Daughter

Erika L. Sánchez – I Am Not Your Perfect Mexican Daughter

When her older sister Olga dies in a car accident, there is only 15-year-old Julia left to be the perfect Mexican daughter her parents want to have. Olga was a role model, she always obeyed, did not go out, helped her mother with her cleaning job and even at college did not have a boyfriend. Julia, instead, wants the full life that all girls in Chicago have, she dreams of becoming a writer, likes to go out with her friends and have fun. Quite naturally, she over and over provokes conflicts with her parents. After Olga is gone, the situation worsens increasingly until it becomes unbearable and she only sees one way out of it all.

Erika L. Sánchez is a journalist and writer of Mexican decent. Her novel “I Am Not Your Perfect Mexican Daughter” was nominated finalist for the National Book Award for Young People’s Literature. She brilliantly portrays the perspective of a teenager who struggles with all the problems of a typical teenager but additionally has to live up to the expectations of her parents who have grown up in another country, with another culture and other values which they have taken with them and which they now project on their daughters. Additionally, which only becomes clear throughout the novel, the loss of her sister has left a greater scar on Julia than was obvious at the beginning.

I totally adored how Erika L. Sánchez found the tone of a teenager who is emotional and only wants to be free, free in her very own understanding. Julia is a sympathetic and adorable girl and it is not difficult to follow her line of thoughts. She wants to be a good daughter, she hates the fights with parents, but she is also stubborn and demands to be treated like the others, the American girls, and not to live up to the old, overcome Mexican values.

Living between two cultures means much more than just growing up, fulfilling the expectations of the peer group and the parents is impossible but nevertheless expected from teenagers in a time of rebellion. They all have to find their individual way of coping with this, Olga found hers and Julia only bit by bit uncovers that her sister wasn’t necessarily the girl she thought she was.

A great read in many respects, full of life, emotional, funny but also reflective and dark at times, it captures the full range of teenage life and takes you on an emotional roller coaster ride.

Sandra Cisneros – Das Haus in der Mango Street

Sandra Cisneros – Das Haus in der Mango Street

Esperanza wohnt in der Mango Street in Chicago. Es ist nicht das, was sie als ihr „Zuhause“ betrachten würde, aber das Haus, in dem sie wohnt, befindet sich nun einmal dort. Die Mango Street ist ein wildes Sammelsurium an Menschen, die dort alle gestrandet sind und auf bessere Zeiten hoffen. Esperanza wächst zwischen ihnen und den unterschiedlichen Lebensentwürfen auf, schon früh mit der Absicht, irgendwann einmal als Schriftstellerin mit ihrem eigenen Haus erfolgreich zu sein.

Wie die mexikanisch-amerikanische Autorin Sandra Cisneros bereits im Vorwort ankündigt, handelt es sich nicht um einen Roman im eigentlichen Sinne. Zur Entstehungszeit Anfang der 80er Jahre waren kurze Texte angesagt und so finden sich in „Das Haus in der Mango Street“ 44 kurze Episoden aus dem Lebensalltag Esperanzas, die den realen Erfahrungen der Autorin entlehnt sind. Sie ermöglicht durch ihre Augen einen kurzen Blick in die Leben der Bewohner der Straße, wirft durchaus auch brisante Fragen auf, führt die Geschichten jedoch nie so ganz zu einem Ende.

„Leute, die keine Ahnung haben, kommen ganz verschreckt in unser Viertel. Sie glauben, wir sind gefährlich. Sie glauben, wir gehen mit blitzenden Messern auf sie los. Sie sind Dummköpfe, die sich verirrt haben und nur versehentlich hier gelandet sind. Wir aber haben keine Angst.“

„Das Haus in der Mango Street“ wird vielfach als wichtiges Werk sowohl der Chicano-Literatur wie auch aus feministischer Sicht interpretiert. Cisneros schildert vor allem das Leben der mexikanischen Einwanderer bzw. ihrer Nachfahren, so werden Ehefrauen aus Mexico importiert, die kein Englisch sprechen und dadurch ans Haus gebunden sind, andere hoffen mit dem Umzug in die reichen USA auf ein besseres Leben. Alte Familienstrukturen und vor allem das Verhältnis von Männern und Frauen zueinander wird nicht an die neuen, offeneren gesellschaftlichen Lebensrealitäten angepasst, sondern so wie schon immer fortgesetzt. Man kennt sich im Viertel und weiß, wann etwas zu kommentieren ist und wann auch einfach nicht.

Esperanza ist am Beginn der Pubertät, interessiert sich zunehmend für das Verhältnis zwischen Mädchen und Jungs, sucht selbst aber noch keinen Kontakt. Es steht jedoch außer Frage, dass sie irgendwann einen Freund und dann auch Mann braucht, wenn das nicht einfach so klappt, kann man immer noch zur Zauberhexe gehen, die dann Abhilfe weiß.

Die kurzen Episoden lassen durchscheinen, dass das Leben in der Mango Street nicht einfach, vielfach auch von Gewalt geprägt ist und doch alle ihre Träume von einem besseren Leben hegen – oder sie hoffen dies zumindest für ihre Kinder. Insbesondere für die Frauen wird es aber beim Traum bleiben, denn ihre Lebenswege sind vorgezeichnet und sehr begrenzt. So sehr sich auch Esperanza wünscht ausbrechen zu können, ist ihr schon als Mädchen bewusst, dass sie nicht alles einfach wird hinter sich lassen können, sondern dass sie auch davon geprägt wird, in dem, wie sie die Welt sieht.

Durch die Stimme des jungen Mädchens kann Cisneros die sozialkritischen Themen etwas abmildern, da sie mit einer gewissen Naivität und Unwissenheit präsentiert werden. Präsent sind sie dennoch und machen den Roman dadurch durchaus auch zu einer Anklage. Dies wird allein dadurch deutlich, dass er zu den Jugendromanen zählt, die regelmäßig auf den Verbannungslisten erscheinen, die Mitglieder der weißen Oberschicht an die US-amerikanischen Schulen und Bibliotheken herantragen.

Nella Larsen – Passing

Nella Larsen – Passing

Irene Redfield weiß, von wem der Brief ist, den sie sich nicht traut zu öffnen. Einige Wochen zuvor ist sie in ihrer Heimatstadt Chicago zufällig Clare Kendry begegnet, eine Kindheitsfreundin, die nach dem Tod der Eltern zu Tanten geschickt wurde. Während Irene mit ihrem Mann und den beiden Söhnen inzwischen ein gutes Leben in Harlem führt, ist Clare ganz eindeutig der Aufstieg gelungen, vor allem durch ihren Mann, der nicht ahnt, wen er geheiratet hat. Sowohl Irene wie auch Clare sind eher ein mediterraner Typ, sie wissen jedoch beide, dass sie keine Weißen sind, was in den USA des Jahres 1927 mehr als relevant ist. Doch Clares Mann ahnt nichts vom „Passing“ seiner Frau, der unerlaubten Überschreitung der Rassengrenze, seinen rassistischen Tiraden hat er deshalb freien Lauf gelassen und Irene nachhaltig verschreckt. Doch nun nicht die ehemalige Freundin Kontakt auf und bringt Irene in ungeahnte Dilemmata.

Nella Larsens Roman aus dem Jahr 1929 ist ein Zeitzeuge einer der problematischsten Fragen der US-Geschichte. In Deutschland weitgehend unbekannt gehört er jedoch zu einem der wichtigsten Werke der US Literatur und wird vielfach auch als Gegenstück zu F. Scott Fitzgeralds „The Great Gatsby“ gesehen. Parallelen gibt es in der Tat einige, ebenso diametrale Gegensätze.

Zentrales Thema ist der „Seitenwechsel“, so auch der deutsche Titel des Buchs. Clare nutz die Gelegenheit ihrem Milieu zu entkommen und spielt ihre neue Rolle perfekt. Ihr altes Leben hat sie hinter sich gelassen, wie sie Irene eindrucksvoll zeigt. Es ist jedoch mitnichten so, dass sie glücklich wäre, wie sich im Laufe der Handlung zeigt. Sie wird immer mutiger und riskiert aufzufliegen, während Irene noch damit hadert, wie sie Clare schützen kann.

“It’s funny about ‚passing‘. We disapprove of it and at the same time condone it. It excites our contempt and yet we rather admire it. We shy away from it with an odd kind of revulsion, but we protect it.“

Irene verleugnet ihre Herkunft nicht, für sie verlaufen die Grenzen eher zwischen den Klassen denn entlang der Hautfarbe. Als Arztfrau hat sie selbstverständlich eine afroamerikanische Bedienstete. Ihre Söhne will sie schützen und somit wird dies zu einem Tabu- und letztlich Streitthema mit ihrem Mann, denn dieser sieht die Notwendigkeit, die Jungs auf die Welt mit ihren Vorurteilen vorzubereiten.

Ein zweites Thema legt die Autorin geschickt über die Handlung. Clare ist der Star jeder Party und im Kontrast zu ihr erkennt Irene, dass sie letztlich nur noch als Mutter wahrgenommen wird. Bis zu dem Wiedersehen mit Clare war ihr eigentlich nur die wirtschaftliche und gesellschaftliche Sicherheit wichtig, doch nun erkennt sie, dass es noch mehr gibt. Ihre Eifersucht auf Clare wächst und bald auch der Verdacht, dass ihr eigener Mann sie mit der Jugendfreundin betrügen könnte. Dabei hält sie alles in der Hand, um Clares Leben mit einem Schlag zu zerstören – eine durchaus verlockende Idee.

Clare ist das passende Gegenstück zu Jay Gatsby: sie ist bereit, alles zu tun, um ihre Ziele zu erreichen, wird ebenso reich und unglücklich wie dieser, denn das eine, das sie unbedingt will, bleibt ihr verwehrt. Man ahnt, dass es ein ähnlich dramatisches Ende nehmen muss wie bei ihrem berühmteren Pendant.

Ein kurzer Roman, der nicht nur durch die Komplexität und Vielschichtigkeit der angesprochenen Themen sondern auch durch die pointierte Sprache besticht. Die Figuren reden, wie dies zu jener Zeit üblich war, was heute umso drastischer wirkt. Besonders bemerkenswert jedoch, dass gleich zwei Frauenfiguren zentrale Fragen aufwerfen und Männer weitgehend Randnotizen bleiben – in der Literatur vor 100 Jahren wie auch heute nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit.

Tana French – The Searcher

Tana French – The Searcher

‚That’s what I came looking for,‘ he says. ‚A small place. A small town in a small country. It seemed like that would be easier to make sense of. Guess I might’ve had that wrong.‘

Cal Hooper, former detective with the Chicago police, left the States for a small village in Ireland. He bought an old run-down house that he is now repairing to make it a liveable place. For a couple of days already, he has felt somehow observed but couldn’t see anybody, when suddenly a small boy appears. At first, Trey is shy and does not speak and only reluctantly comes closer. It takes some time for him to open up and reveal why he has come to Cal. His older brother Brendan has gone missing and nobody seems to be concerned or willing to do something about it. Trey is convinced that Brendan did not just pack his bag and leave to find his luck in Dublin, something really bad must have happened to him. Cal has come to like the shy boy who is eager to learn about repairing old furniture and has become a pleasant company, therefore, he agrees to use his experience as a cop and ask some questions. It does not take long for Cal to realise that his new home is all but an idyllic and peaceful place.

Tana French’s novel combines a mystery about a missing teenager with a heart-wrenching story about two lonely people who by chance find each other. It also shows a reality which nobody wants to see, a place which is out of the focus of any institutions and where some kind of parallel law has been established nobody dares to interfere with. The people, quite sadly, do not play an important role in this concept. Neglected youngsters either adapt or risk their lives.

The biggest star of the novel, at least for me, is surely Trey. A courageous small kid, about 12 years old, who obviously lacks all education but has the heart in the right place and definitely an understanding of right and wrong. Even though well known in the small village, he does not know anybody to turn to and has to address a total stranger to find help. Everything connected to him is touching deeply and it is heart-breaking to see how Cal manages to gain his trust and build a friendship.

The mystery part of the novel advances slowly but then accelerates and turns into a suspenseful crime story. The whole plot lives on the atmosphere and the characters who are brilliantly created and make it a great read.

Rebecca Makkai – Die Optimisten

rebecca makkai die optimisten
Rebecca Makkai – Die Optimisten

„Sie hatte so viele Schuldgefühle, wenn sie an ihre Freunde zurückdachte – sie wünschte, sie hätte einige von ihnen überredet, sich früher testen zu lassen, wünschte, sie könnte die Zeit zurückdrehen (…)“

 2015, Fiona sucht nach ihrer Tochter, schon seit Jahren hatte sie keinen Kontakt mehr zu ihr, jetzt gibt es Hinweise darauf, dass sie sich in Paris aufhalten könnte. Während der Suche quartiert sie sich bei ihren alten Freunden ein, die sie schon in den 80er Jahren kannte, als es in Chicago eine Gruppe von jungen Künstlern gab, vorwiegend Männer und schwul, die nicht nur die Liebe zur Kunst teilten, sondern auch die Angst vor dem noch unbekannten, todbringenden Virus, der nach und nach den Kreis der Freunde dezimierte, unter anderem auch Fionas Bruder Nico und ihren guten Freund Yale. Zwischen Erinnerungen an die damalige Zeit und der Nachforschungen nach Claire muss sich Fiona der Frage stellen, was sie in ihrem Leben richtig und falsch gemacht hat und vor allem, wie sie die Verbindung zu ihrer eigenen Tochter verlieren konnte.

Rebecca Makkais dritter Roman gehörte 2018 zu einem der erfolgreichsten Bücher des Jahres und war unter anderem Finalist für den Pulitzer Prize in der Kategorie Fiction. Es ist eine berauschende Geschichte, die voller Leben und voller Leben in Angst vor dem Tod ist. Viele Figuren existieren nur noch in der Erinnerung und gleichzeitig fällt es jenen, die zeitgleich leben schwer, zueinander zu finden. Auf mehreren Ebenen angesiedelt – 2015 sucht Fiona nach ihrer Tochter in Paris, 1985 lebt die Kunst-Clique in Chicago, Nora erinnert sich an die Zeit der 1920er in Paris im Kreis der großen Maler und Autoren – zeigen sich wiederkehrende Verhaltensweisen und das Leben in Angst wird gespiegelt. Das verbindende Element ist fraglos die Kunst, denn diese überdauert und kann gestern wie heute Emotionen auslösen, Momente konservieren und vergessene Episoden wieder aus den Tiefen des Gedächtnisses hervorbringen.

Sowohl die Nachwehen des 1. Weltkrieges wie auch die Anschläge auf das Bataclan 2015 sind nur die Leinwand, auf der die Handlung und das Lebensgefühl gezeichnet werden. Sie verschwinden unter dem Leben der Figuren, verblassen und bilden nur mehr einen Schatten. Ganz anders sieht die Bedrohung durch das noch unbekannte und damit unkontrollierbare AIDS Virus der 1980er Jahre aus.  Dieses lässt sich nicht verdrängen oder übermalen, geradezu übermächtig bestimmt es immer wieder die Gedankenwelt der Figuren und lässt sich nur kurz vergessen, um zu leben.

Eine ausdrucksstarke Erzählung, die mich stark an Donna Tartt oder auch Paul Auster erinnert. „Die Optimisten“ steht durch und durch in der Tradition der Great American Novel, denn Makkai fängt überzeugend den Geist und das Lebensgefühl der 80er Jahre Kunstszene ein. Zwischen einerseits großer Begeisterung für die Malerei oder auch Fotografie und Film und andererseits der lähmenden Angst vor der unheilbaren Immunschwäche, liefern sich Leben und Sterben einen Wettkampf, der jedoch das irdische Dasein überdauert und sowohl in den Werken, der Erinnerung wie auch in den Nachkommen letztlich fortbesteht.

Vielschichtig und komplex, dabei wunderbar erzählt – ein Buch, das tief bewegt.

Cathrine McKenzie – The Good Liar

catherine-mckenzie-the-good-liar
Catherine McKenzie – The Good Liar

Later, the incident would be called “Triple Ten” – on 10th October at 10 o’clock a Chicago office building is ripped apart by an explosion killing more than 500 people. Cecily becomes the picture of the tragedy because a photograph of her staring at the building in disbelieve was taken as the most striking image to visualize the people’s feeling. She lost her husband in the tragedy, and now she and her two kids are alone. But why was she there, at all, at her husband’s work place, at that time of the day? Another woman’s life is also altered by the event, but Kate has seen it as a chance – and seized it to escape her old life and to leave the country. Now, she is in Canada, observing from across the border what happens at her former home, the place where her husband and her children mourn her death. But a couple of months after the events, things take a different turn and this brings both of them back to the day of the tragedy – and back to the lies they told.

“The Good Liar” is a cleverly constructed mystery novel centred around three women. At the first glance, they seem to be the average wife with an ordinary life. But as soon as you get to look under the surface, you stare into an abyss of lies, of fraud and betrayal. None of them is the pitiable victim, they all contributed to their fate – but who of them is really evil and who just acted out of desperation?

The many twists and turns make you assess the situation anew over and over again. It takes some time to understand the links between the three and then you eagerly start to develop your theories about what had happened before. For some of the characters, this is a bit foreseeable, for others it isn’t and that’s what I liked best.

Catherine McKenzie is a brilliant writer who knows exactly how to pace her story which keeps you read on and on and on to find out what happened actually. And at the same time, you are always asking yourself: what would I have done in her place? A perfect psychological thriller which does not offer any easy black-and-white explanations but points out the different shades of grey.

J.D. Barker – The Fourth Monkey

The Fourth MonkeyGeboren um zu toeten von JD Barker
J.D. Barker – The Fourth Monkey

Immer dasselbe Muster: erst das Ohr des Opfers, dann die Zunge, dann die Leiche. Und immer soll ein naher Verwandter damit betraft werden, denn dieser hat etwas Böses getan. Seit Jahren jagt Sam Porter den sogenannten Four Monkey Killer, der Chicago in Angst und Schrecken versetzt. Doch nun scheint das Schicksal auf Seiten der Ermittler zu sein, denn beim Ausliefern des Ohres eines vermissten Mädchens wird der Bote überfahren; bei sich hat er auch das Tagebuch des Killers. Doch schnell müssen Porter und sein Team feststellen, dass der Tote nicht der gesuchte Serientäter sein kann. Sie ahnen jedoch nicht, dass dieser ein perfides Spiel für seine Jäger vorbereitet hat, sie sind zu sehr mit dem Fall beschäftigt, um diese Option in Betracht zu ziehen und bringen sich damit selbst in höchste Gefahr.

J.D. Barkers Thriller „The Fourth Monkey“ lässt keine Wünsche offen, die man an einen spannenden und nervenzehrenden Fall stellen könnte: Eine komplexe Story, deren Einzelteile sich erst langsam zusammenfügen und schließlich einen clever konstruierten Plot ergeben. Ein zunehmend hohes Tempo der Handlung. Teilweise grenzwertig brutale Szenen, die jedoch sehr deutlich schildern, wie weit der menschliche Abgrund reicht und wozu Psychopaten fähig sind. Dies lässt einem nur umso mehr Sorge um das bedauernswerte Opfer haben. Dazu ein vielschichtiger Ermittler, der mit seinem Privatleben zu kämpfen hat und dadurch weitere Facetten jenseits der Ermittlungsarbeit erhält.

Bereits sein erster Roman wurde begeistert aufgenommen und für den Bram Stoker Award nominiert. Der Thriller um den Four Monkey Killer ist J.D. Barkers zweiter Wurf, der den Leser sofort packt und der geschickt sie Spannung so platziert – zahlreiche Cliffhanger nicht nur zwischen den Kapiteln, sondern auch am Ende des Buchs, was geradezu nach einer Fortsetzung schreit – dass man den Roman schlichtweg nicht weglegen kann. Dass die Filmrechte bereits verkauft sind, wundert dabei auch nur wenig.

 

Ein Dank geht an das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar. Mehr Informationen zu Titel und Autor finden sich auf der Verlagsseite von Random House.

Mary Kubica – Don’t you cry

mary-kubica-dont-you-cry
Mary Kubica – Don’t you cry

Als Quinn eines morgens in das Zimmer ihrer Mitbewohnerin Esther kommt, findet sie den Raum verwaist, das Fenster aber weit geöffnet. Sie wundert sich, ist jedoch noch nicht direkt beunruhigt. Als sie dann jedoch einen seltsamen Brief findet, aus Esthers Unterlagen entnehmen kann, dass diese ihren Namen ändern wollte und offenbar eine Anzeige für eine neue Mitbewohnerin geschaltet hat, fragt Quinn sich jedoch schon, wie gut sie Esther tatsächlich kannte. Sie beginnt tiefer zu forschen und mit jeder neuen Entdeckung steigert sich Quinns Angst, dass Esther etwas Schlimmes zugestoßen sein könnte oder diese selbst etwas Schlimmes plant. Aber nicht nur Ester ist in Gefahr, mit ihren Fragen gefährdet Quinn sich selbst ebenfalls.

Mary Kubicas neuester Thriller spielt mit der Frage, was wir vor anderen verheimlichen und wieviel wir bereit sind, über uns selbst preiszugeben, was unwillkürlich irgendwann zu notwendigen Offenbarungen führen muss. Die Hauptgeschichte um Quinn, die versucht die Geheimnisse ihrer Mitbewohnerin zu ergründen dient hierbei als geschicktes Mittel, um immer wieder Verunsicherung zu schaffen und die Protagonistin nackter Angst auszusetzen. Parallel dazu verläuft ein zweiter Handlungsstrang, dessen Funktion sich jedoch erst spät erschließt. Zunächst scheinen die beiden völlig unverbunden und auch im Ansatz völlig verschieden, denn im ländlichen Michigan hadert ein junger Mann mit dem Schicksal seiner Familienkonstellation, was eher traurige denn spannende Momente bietet.

Interessanterweise wird das Buch in Deutschland unter dem Label „Thriller“ vermarktet, im englischsprachigen Raum jedoch als „novel“ klassifiziert. Die Ausgangsfrage um das Schicksal Esthers und die Erklärung für all die Mosaiksteinchen ihres Lebens bieten durchaus eine gewisse Spannung und können das Buch tragen, ein besonders hoher Psychothrill war für mich jedoch nicht zu erkennen. Das qualifiziert das Buch in keiner Weise ab, es ist unterhaltsam zu lesen und man fiebert schon mit der Protagonistin mit, jedoch werden hier gegebenenfalls durch die Zuordnung Erwartungen geweckt, die der Roman für mein Empfinden nicht halten kann.

Alles in allem, für mich ein kurzweiliger Roman, der eher auf Spannung als auf tiefere Charakterstudien setzt und damit auch durchaus fesseln kann.