Louise Erdrich – The Sentence

Louise Erdrich – The Sentence

It is just a favour that Tookie wants to do for her grieving friend, admittedly, a well-paid favour since stealing the body of the lately deceased boyfriend can solve all of Tookie’s financial problems. Of course, things turn out as they always do and the young woman is sentenced to sixty years of prison. A good lawyer can bring her out after only a couple of them and as she spent most of her time reading, she starts to work in a bookshop. With her partner Pollox, she seems to be back on the good track of life, but sorting out her personal life does not sort out the world around her. And when simultaneously the pandemic hits, when police violence against people of colour escalates and becomes a public issue and, additionally, when the bookshop is haunted by the ghost of a former customer, Tookie has to handle a lot which threatens to bring back the angry young woman she once was.

Louise Erdrich has written maybe THE novel of the moment. „The Sentence“ not only integrates several current events such as the pandemic, the Black Lives Matter movement and America’s fragile state before the 2020 election, or questions of identity, but also mythological aspects, old stories told over generations and over continents, stories which have been around as long a mankind itself. It is also the account of one woman, a woman who made mistakes, who has not always been fair since she is strong-minded, but a woman who has the heart on the right side.

It is not easy to determine where to put the focus on when talking about the novel. It seems to be eclectic, yet, this is just like life itself. It feels overwhelming at times with all the things happening at the same time, conflicting narratives which make it hard to make sense of all around you.

What I liked best was how the pandemic was integrated into the story. The author well incorporated everyday questions – why are people bulk buying? how dangerous will the virus be? what will happen to the bookstore? – into the plot, not giving it too much room but authentically showing how it affected life. This is also where we see Tookie’s good heart when she worries about her customers and tries to find ways of providing them with further reading material.

The side line of the ghost was first a kind of gothic element but it ultimately triggers the question of identity. Tookie belongs to the indigenous population, which is simply a fact, yet, one that has a huge impact on the way her life went. With it comes the big question of racial appropriation which seems so easy to answer but actually isn’t always.

The protagonist craves normal in a time when nothing is normal. It is a year of a chain of nightmares that finally closes. “The Sentence” is also a book about how literature can provide an escape and possibly also answers when reality does not anymore.

Towards the end of a year, an absolute literary gem with a wonderful annexe.

Angie Thomas – The Hate U Give

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Angie Thomas – The Hate U Give

Garden Heights – ein Vorort, der sich überall in den USA befinden könnte. Die sechzehnjährige Starr und ihre Stiefschwester Kenya sind auf einer Party, auf der sie besser nicht wäre. Wie erwartet kommt es zu Ärger und als Schüsse abgefeuert werden, verlässt Starr mit ihrem Kindheitsfreund Khalil den Ort des Verbrechens. Auf dem Weg nach Hause werden sie von einem Polizisten gestoppt – grundlos. Oder ist ihre Hautfarbe etwa schon Grund genug? Starr hat von klein auf gelernt, wie sie sich in einer solchen Situation zu verhalten hat: nicht schlauer sein wollen, als man ist; kooperativ zeigen; keine schnellen Bewegungen. Sie hofft, dass Khalil diese Regeln auch beherzigt, doch seine Frage nach dem Warum lässt den Officer schon ausrasten. Er holt den Jungen aus dem Wagen und kurz darauf passiert das Unglaubliche: mehrere Schüsse durchsieben Khalils Körper. Starr traut ihren Augen nicht, wie konnte das passieren? Und wird Officer 115 zur Rechenschaft gezogen werden?

Man kommt im englischsprachigen Raum derzeit kaum an Angie Thomas‘ Roman vorbei. Mit Lobeshymnen wird die Autorin für ihren Debütroman überhäuft. Ohne Frage trifft das Thema des Jugendromans den Nerv der Zeit. Die Black Lives Matter Bewegung prangert völlig zurecht den Umgang der überwiegend weißen Polizisten mit den jungen Schwarzen an und selbst diejenigen, die wie Starr ein redliches und friedfertiges Leben führen, geraten schnell ins Visier.

Interessant sind vor allem die Kontraste, die im Roman geschaffen werden. Zum einen die überwiegend von Schwarzen bewohnte Nachbarschaft, in der der raue Ton der Straße bestimmt, wer und was man ist. Wo niemand wirklich frei ist und Gefängnisaufenthalte zum Alltag gehören. Dagegen steht Starrs Schule, 45 Minuten entfernt in einer rein weißen Umgebung, die von typischen Teenagerproblemen und relativer Sorglosigkeit geprägt ist. Das Mädchen kann die beiden Welten nicht unter einen Hut bringen, sie sieht sich selbst als gespalten und völlig verschiedene Personen, je nachdem, wo sie sich gerade aufhält. Dass ihre Schulfreundinnen ihren Alltag in Garden Heights nachvollziehen könnten, erwartet sie nicht, weshalb das, was sie dort erlebt, außen vor bleibt und sie wie nach einem langweiligen Wochenende montags wieder die Schule besucht, obwohl sie weniger als 48 Stunden vorher mit angesehen hat, wie einer ihrer besten Freunde erschossen wird.

Es ist jedoch weniger Starrs Umgang mit den Erlebnissen und die Trauerarbeit – das kennt sie schon, hat sie bereits einige Jahre zuvor ihre beste Freundin durch einen Schuss verloren – als die Frage, ob es in diesem Fall Gerechtigkeit geben kann und wird. Bezeichnend ihr verhör bei der Polizei. Obwohl die befragende Polizistin selbst als Latina beschrieben wird, macht sich doch das unangenehme Gefühl breit, dass der Fall bereits abgeschlossen ist und einmal mehr die Welt ein wenig besser wurde, weil ein junger schwarzer Gangster weniger auf den Straßen rumläuft.

Der Roman ergreift nicht einseitig Partei. Khalil ist nicht der ganz unschuldige Junge, auch Starrs Familie kann mit einige Straftaten aufwarten. Dennoch zeigt der für unsereins groteske Verlauf der Polizeikontrolle, in welcher Situation sich gerade die Jugendlichen befinden und wie sie versuchen, zwischen Akzeptanz der Gegebenheiten und berechtigtem Hinterfragen des Handelns, einen Ausgleich zu finden, bei dem sie jedoch am Ende die Verlierer sind.

Ein kurzes Buch, das viel Food for Thought bietet und sicherlich die nächsten Monate noch berechtigterweise im Fokus stehen wird.