Agatha Christie – Evil Under the Sun/Murder in Mesopotamia

Agatha Christie – Evil Under the Sun / Murder in Mesopotamia

In diesen sehr speziellen Zeiten fällt es mir manchmal schwer, mich auf außergewöhnliche Geschichten einzulassen, wenn der Alltag schon sehr anstrengend ist, soll es wenigsten bei Büchern etwas entspannter zugehen und da sind die Klassiker wieder ganz weit vorne. Mit Agatha Christie und vor allem den John Moffatt Hörspiel-Versionen ist gute Unterhaltung jedenfalls gesichert.

In „Evil Under the Sun“ urlaubt der belgische Privatdetektiv in einem exklusiven englischen Seebad, wo jedoch nach der Ankunft der Schauspielerin Arlena Stuart die Ruhe empfindlich gestört wird. Nicht nur drehen sich alle Männer nach ihr um, ihr unerwartetes Ableben bringt die Urlaubspläne Poirots dann vollends durcheinander. Ein Hotelgast nach dem anderen wird verhört und genauestens durchleuchtet bis der Schuldige und sein perfider Mord schließlich offengelegt werden.

Einen ganz anderen Schauplatz wählt Christie für den Mord an Louise Leidner, die bereits seit einiger Zeit fantasierte und scheinbar Geister sah: die nervöse Ehefrau eines Archäologen befindet sich bei einer Ausgrabungsstätte in Mesopotamien und ist erleichtert über die Ankunft von Krankenschwester Amy Leatheran, der sie sofort vertraut. Doch auch diese neue Freundschaft kann die Bluttat nicht verhindern. Glücklicherweise befindet sich Poirot in der Nähe auf Durchreise und kann zu dem ungewöhnlichen Fall hinzugezogen werden. Klar ist: nur einer aus dem Ausgrabungsteam kommt als Mörder in Frage.

Die BBC hat insgesamt 25 Krimis der Grande Dame mit John Moffatt intoniert, in denen der Schauspieler in die Rolle des berühmten Ermittlers schlüpft. Mit charmantem Akzent und der gewohnt zurückhaltend aber dennoch überlegenen Art nähert er sich souverän der Lösung und deckt jede Lüge auf, die man ihm unverfroren präsentiert. „Murder in Mesopotamia“ fand ich insgesamt etwas raffinierter und allein schon aufgrund des Handlungsortes in der irakischen Wüste interessanter. Noch dazu bietet Poirot am Ende eine herrliche Querverbindung zu anderen Werken: er plane nun, nachdem der Fall aufgeklärt ist, zurück nach England zu kehren. In Istanbul will er den berühmten Orient Express nehmen, ein wenig Luxus soll man sich ja gönnen. Dass der bekannte Mord in selbigen bereits Jahre zuvor beschrieben wurde, kann man hier getrost ignorieren.

Claire McGowan – Blackwater

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Zehn Jahre sind vergangen, seit Zoe tot aufgefunden wurde. Ihr Vater ist daran zerbrochen, ihre Mutter hat Blackwater verlassen und Paul hat seine Strafe für den Mord abgesessen. Doch jetzt taucht plötzlich eine junge Frau an Zoes Elternhaus auf und behauptet ebendiese Zoe zu sein. Wie kann das sein? Ihr Onkel und ehemaliger Polizist Phil hatte sie eindeutig identifiziert, ihr glitzerndes Partykleid, das sie zum Feiern an ihrem letzten Abend trug, war auch sehr ausgefallen, so dass eine Verwechslung ausgeschlossen war. Es dauert nicht lange, bis Zweifel an den damaligen Ermittlungen aufkommen, hatte man Paul zu schnell verurteilt und er unschuldig Jahre im Gefängnis gesessen? Stellt sich die Frage, wer die tote Frau dann war und wo Zoe in den letzten Jahren war.

Claire McGowan hat die Geschichte exklusiv für das Radioprogramm der BBC geschrieben, die bereits auch mehrere ihrer Romane für das Radio adaptiert hat. Die Handlung ist ausgesprochen kompakt und damit perfekt als Hörbuch, die Anzahl der Figuren bleibt überschaubar und auf Nebenhandlungen wird weitgehend verzichtet. Nichtsdestotrotz bietet die Story einiges an Spannung und kann durch eine clevere Konstruktion, die sauber aufgelöst wird, überzeugen.

Aktuell unter BBC Sounds noch zum Nachhören verfügbar.

Agatha Christie – Hercule Poirot in Murder on the Orient Express

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Agatha Christie – Hercule Poirot in Murder on the Orient Express

Nachdem er gerade erst in Istanbul angekommen ist, wird Hercule Poirot durch ein Telegramm nach London zurückverlangt. Am schnellsten ist der Simplon-Orient-Express, doch unerwarteter Weise ist dieser ausgebucht. Als ein Passagier nicht erscheint, kann er gerade noch den letzten Platz bekommen. An Bord wird er bald schon von Samuel Ratchett angesprochen, der ihn gerne als Privatbeschützer anstellen würde, da er fürchtet, dass sein Leben bedroht ist. Da ihm der Mann unsympathisch ist, lehnt Poirot ab. Ein plötzlicher Schneesturm zwingt den Zug in Jugoslawien mitten in der Nacht zum Halten. Am nächsten Morgen erfahren die Passagiere, dass Ratchett tot ist. Der Mörder kann wegen des ungeplanten Zwischenstopp den Zug nicht verlassen haben. Wohl oder übel muss Poirot die Ermittlungen übernehmen.

Ohne Frage hat mich die aktuelle Verfilmung dazu animiert, den Klassiker von Agatha Christie auszupacken und mir eine etwas ältere britische Hörspielversion zu gönnen. In der Hauptrolle Albert John Moffatt, der für die BBC in insgesamt 25 Radio-Produktionen den belgischen Detektiv mimte und interessanterweise auch in der 1974er Verfilmung des Orient Express mitspielte, wenn hier auch nicht in der Hauptrolle.

Das Setting ist recht typisch für die Krimis von Agatha Christie, ein abgeschotteter Ort, an dem eine größere Anzahl von Verdächtigen auf engstem Raum gefangen sind und unter denen sich auch der Mörder befindet. Zwischen den Passagieren des Zuges scheint es keine näheren Verbindungen zu geben, zu unterschiedlich sind sie: Count und Countess Andrenyi, eine deutsche Zugehfrau, schwedische Missionarin, ein ehemaliger Colonel, der Sekretär des Getöteten, eine britische Gouvernante und weitere offenbaren keine naheliegenden Lösungen für den Mordfall. Systematisch befragt Poirot die Reisenden und nähert sich so zielsicher dem Täter. Erwartungsgemäß auch das Ende: alle werden im Speisewagen versammelt und der belgischer Meisterermittler löst Motiv und Mordvorgang auf. Allerdings kann uns die große Agatha Christie dieses Mal mit einem ungewöhnlichen Ende überraschen.

Für mich einer der besten Plots von Agatha Christies Hercule Poirot Reihe. Ein besonderer Charme macht auch der Zug aus, den ich mir von einiger Zeit einmal live anschauen konnte und der heute noch genauso aussieht wie vor gut 80 Jahren als der Krimi entstand.

Francis Durbridge – Paul Temple and the Conrad Case

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Francis Durbridge – Paul Temple and the Conrad Case

Betty, Tochter des englischen Arztes Dr. Conrad verschwindet spurlos aus ihrem bayerischen Internat. Die örtliche Polizei kommt mit den Ermittlungen nicht weiter und bittet Scotland Yard und Paul Temple, sie zu unterstützen. Zunächst unwillig nimmt der Privatdetektiv mit seiner Frau Steve sich des Falls an. Im Zimmer des Mädchens entdecken sie ein seltsames Cocktailstäbchen, das ihnen noch häufiger begegnen wird. Die erste Spur führt zu dem Autor Elliot France, der häufiger Gast im Internat war und scheinbar Mädchen zu sich nach Hause einlud. Auch der englische Banker Denis Harper, mit dem Betty befreundet war, verhält sich eher verdächtig, ebenso wie das Personal einer Schneiderei, bei der Betty scheinbar einen Mantel in Auftrag gegeben hatte. Nachdem Betty plötzlich in London wieder auftaucht, scheint der Fall gelöst, doch ein Mord in Bayern und wiederholte Anschläge auf Paul und Steve lassen die beiden den Fall nicht beiseitelegen.

Das Hörspiel 1959 für die BBC als Serie produziert ist bereits der 19. Fall für das britische Ermittlerehepaar. Eigentlich ist Paul Temple Schriftsteller, der die Ermittlungen als Inspiration für seine Romane nutzen möchte, findet aber gefallen an der Detektivarbeit und kann etwas unkonventioneller als Scotland Yard arbeiten.

Der Fall Conrad ist bezogen auf Aufbau und Lösung ein typischer Paul Temple Fall, nur dieses Mal mit Ausflug nach Bayern und Österreich. Leider hatte man offenbar keine deutschen Sprecher, so dass alle Figuren lupenreines britisches Englisch sprechen, was ich etwas schade für die Atmosphäre fand. Der Fall selbst bietet einige unerwartete Wendungen, die jedoch für mich nicht ganz logisch in ihrer Auflösung erscheinen, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass Paul Temple auch Ermittlungen unternimmt, von denen man als Hörer nichts weiß und die nur gegen Ende etwas plötzlich berichtet werden. In der Reihe nicht unbedingt der spannendste Fall, aber durchaus unterhaltsam.