Ulrike Vögl – Nackabatsch mit Todesfolge

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Ulrike Vögl – Nackabatsch mit Todesfolge

Kommissarin Helena Hansen zieht es von Hamburg ins beschauliche Augsburg, doch schnell schon merkt sie, dass die neue Heimat so ihre Tücken hat. Der starke schwäbische Dialekt ist kaum zu verstehen und ihr neuer Chef muss sie für eine Idiotin halten, geschieht ihr doch ein Missgeschick nach dem anderen. In ihrer Kollegin Franzi findet sie jedoch schnell nicht nur eine kompetente Partnerin, sondern ebenso eine neue Freundin, obwohl diese eine eher unkonventionelle Art pflegt. Viel Zeit zum Kennenlernen bleibt den beiden jedoch nicht, denn schon gleich gibt es zwei Mordfälle zu lösen: ein Arbeitsloser wird erschlagen in seiner Wohnung aufgefunden und ein Immobilienmakler fand seine letzte Ruhe ausgerechnet auf einem Misthaufen. Viel Arbeit für das neue Team, doch die beiden ergänzen sich hervorragend und können schnell schon mit unerwarteten Ermittlungsergebnissen aufwarten.

Man merkt dem cosy crime Roman an, dass die Autorin viel von sich und ihrer Heimatstadt darin verewigt hat. Nicht nur der lokale Dialekt wird durchgängig gepflegt, auch allerlei Sehenswürdigkeiten der Fuggerstadt werden erwähnt wie auch die Liebe zu Kräutern und deren Verarbeitung, die Ulrike Vögl Kommissarin Franzi mitgegeben hat, finden ihren Platz. Die beiden zu lösenden Kriminalfälle treten dafür etwas in den Hintergrund, was für das Genre vertretbar ist.

„Die ganze Geschichte war einfach wahnwitzig, klang aber durchaus plausibel.“

Das Urteil des Erzählers bringt die Morde ganz gut auf den Punkt. Es ergibt zwar alles einen stimmigen Zusammenhang, so wirklich realitätsnah erscheint es jedoch nicht. Allerdings kommt auch nicht wirklich der Eindruck auf, dass die Spannung und eine komplexe Mordermittlung im Zentrum der Handlung stehen würden. Es geht viel mehr um Helenas Ankunft in Augsburg und die damit verbundenen Schwierigkeiten. Das ist hie und da recht amüsant, da durchgängig die Sprechweise in Dialektform wiedergegeben ist, aber auch bisweilen etwas anstrengend und bemüht. So richtig sympathisch wurden mir die Protagonistinnen leider auch nicht, die eine zu überkandidelt mit schickem Auto, das mit äußerst unpraktischem weißen Interieur ausgestattet wurde und immer um ihre Blüschen und das Dutt bemüht, die andere das extreme Gegenteil im Hippielook mit stinkendem Hund, den sie ohne Rücksicht auf Kollegen ins Büro schleppt. Ob die sich in Wirklichkeit auch so schnell angefreundet hätten, wage ich zu bezweifeln.

Sicherlich für Augsburger ein großer Spaß, wenn auch die Figuren arg klischeebehaftet und voller Vorurteile gezeichnet werden, ansonsten ein leichter cosy crime Roman, der nicht allzu viel Aufmerksamkeit für das Lösen des Falles erfordert.

Kolja Menning – Ein Partie Monopolygamie: Die Geschichte einer wahren Heldin

kolja menning - eine partie monopolygamie
Kolja Menning – Ein Partie Monopolygamie: Die Geschichte einer wahren Heldin

Clara Nussbaum braucht einen Job. Dringend. Alleinerziehend mit drei Kindern und vom Vater selbiger keine Spur, muss sie zurück in die Arbeitswelt. Ihre Freundin berät sie bei der Bewerbung und wider Erwarten wird sie als Assistentin von Viktoria eingestellt, Marketingchefin bei dem umweltbewussten Modelable Fair^Made. Eine völlig neue Welt eröffnet sich der 40-jährigen Mutter dort: die hippe Szene der jungen und erfolgreichen Berliner, die ein gepflegtes Denglisch schwätzen, sich im Gym und für Lunches verabreden und scheinbar kein Privatleben haben. Doch Clara macht ihre Arbeit gut und plötzlich läuft ihr auch ein Traummann über den Weg, der sie offenkundig ebenfalls attraktiv findet. Das Leben nimmt Kurs auf ziemlich perfekt auf, doch Clara weiß, dass es das nicht geben kann.

Was ich mir als leichte unterhaltsame Sommerlektüre gedacht hatte, vielleicht mit einem etwas ironischen Blick auf die Berliner Öko-Yuppies, entpuppt sich leider als flacher Chick-Lit Roman, der vorhersehbar allen bekannten Schemata folgt und kein Klischee auslässt. Mustergültig arbeitet sich der Autor am Genre ab, das einzig Überraschende ist, dass es wirklich gar keine Überraschung oder Abweichung von dem absehbaren Verlauf gibt.

Clara bedient als überforderte dreifach-Mutter schon alle schlimmsten Erwartungen: unordentliche Wohnung, Alltagschaos, bei dem sie auch mal vergisst, dass es der letzte Schultag ist und ihr natürlich auch entgeht, dass der Sohn gemobbt wird. Der Zufall bringt sie in das moderne Öko-Unternehmen, wo sie einen Job bekommt, für den sie gnadenlos unterqualifiziert ist, den sie aber dennoch mustergültig meistert – auch wenn sie in Sachen Klamotte und Lifestyle nicht mithalten kann und oft nicht weiß, wovon ihre Kollegen reden. Die Chefin wird schnell von ihr abhängig und bewundert sie. Dass sie dann auch noch den gutaussehenden Mann kennenlernt, der zwar etliche Jahre jünger ist, sie aber trotzdem als Traumfrau sieht – gähn. Es folgt die notwendige Abwärtsspirale mit Intrigen, vermeintlichen Freundinnen, die sich als Rivalinnen entpuppen, Streit mit den richtigen Freundinnen und der Supertyp stellt sich natürlich als Lügner und Flop heraus. Aber tatdaaa: sie hat ja ihre Kinder und das allein macht sie schon glücklich und nebenbei kann sie als Racheakt auch noch einen großen Skandal im Unternehmen aufdecken, weil sie nämlich zufällig genau die richtigen Leute mit den notwendigen Hacker-Skills kennt.

Wo eine Bridget Jones in ihrer Tollpatschigkeit sympathisch wirkt, ist eine Clara Nussbaum einfach plump, wo das Sex and the City Quartett sich unterhaltsame verbale Schlagabtausche liefert, bleibt das Personal hier uninspiriert und banal. Die ganze Handlung ist eine Abfolge von unglaubwürdigen Begebenheiten, die nach Schema F aufgetischt werden, womit sich irgendwann die Frage stellt, ob das Ganze nicht eher ins Gruselkabinett gehört.