
London 1940. Juliet Armstrong wird für den Geheimdienst MI5 rekrutiert, obwohl sie eigentlich andere Pläne hatte. Sie soll Sympathisanten des Nazi Regimes beobachten und als Sekretärin arbeiten und geheime Gesprächsmitschnitte transkribieren. Trotz der anfänglichen Skepsis gewöhnt sie sich schnell an die Welt der Spionage und wird zunehmend mutiger. Sie wird auf Godfrey Toby angesetzt, den man als Geheimagent der Gestapo vermutet, doch eigentlich überwacht dieser nur die britischen Informanten. In einer Welt der Agenten und Doppelagenten verliert die junge Frau schnell den Überblick… 10 Jahre später arbeitet Juliet für die BBC und glaubt ihre Tätigkeit während der Kriegsjahre hinter sich gelassen zu haben, als diese sie plötzlich wieder einholen und vor allem ihre eigenen Lügen plötzlich doch noch drohen aufgedeckt zu werden.
Kate Atkinson erzählt die Geschichte im Wechsel zwischen Juliets Arbeit für den Secret Service und den Ereignissen der Aufarbeitung nach Ende des Krieges sowie ihrer Sicht aus dem Jahr 1981. Als Leser ist man hin- und her gerissen, denn man mag das junge Mädchen zunächst und beobachtet ihre ersten Schritte in der Agentenwelt. Doch irgendwann bekommt man Zweifel und fragt sich, wer nun zu den Guten gehört und wer nicht und vor allem: wo steht Juliet?
Am spannendsten waren ohne Frage Juliet Feldeinsätze, als Iris Carter-Jenkins mit einer Waffe in der Handtasche näher sie sich Mrs Scaife, einer angesehenen Frau der Gesellschaft, die ihren Antisemitismus offen zur Schau trägt. Dass ein solcher Einsatz nicht ohne Risiko ist und Juliet schon auch mal genötigt ist, aus dem Fenster zu fliehen, steigert aber eigentlich nur den Reiz.
Alle Figuren haben so mehrere Rollen im Roman, was es nicht einfach macht, ihre echte Persönlichkeit, sofern sie überhaupt eine haben, zu erkennen. Dieses Spiel erlaubt ihnen aber auch, einiges, was sie während der Kriegszeit getan haben, mit den falschen Identitäten abzulegen und zu vergessen. „You will pay for what you did“ – so die Nachricht, die Julie Jahre nach dem Krieg erhält. Sie kann nicht einfach alles Unangenehme begraben und auf der geschichtlichen Müllhalde abladen.
„Transcription“ passt in keine wirkliche literarische Kategorie, er ist weder reiner Krimi, noch echter historischer Roman. Auch die Vielschichtigkeit der Rollen und Wahrheiten durchbrechen bekannte Grenzen. Unterhaltsam zu lesen ist dies jedoch ohne Frage.